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jetzt Abraham, wenn auch auf mysteriöse Weise, in seiner zwiefachen Höhle und erhört wie andere freundliche Machthaber die Bittschriften, welche von der darüber gebauten Moschee aus hinuntergeworfen werden; ebenso werden auf dem ältesten christlichen Begräbnißsplatze der Welt, dem des äussern Zion bei Jerusalem, die beim Anlegen eines frischen Grabes zahlreich zum Vorschein kommenden menschlichen Gebeine sorgfältig aufgelesen und wie ein Bett in der Grube ausgebreitet, als Symbol der versammelten Vorfahren, in deren Gesellschaft der neue Todte eintritt.

Noch eine andere Betrachtung knüpft sich an den Bericht von Saras Bestattung. Der häufigen, in ganz Syrien erhaltenen Felsengräber haben wir gedacht. So viele aber derselben sein mögen, so genügen sie doch nicht für die Bedürfnisse einer so zahlreichen Bevölkerung, wie wir in Palästina in jenen alten Zeiten annehmen müssen. Auch zeigt ihre, in der Regel gesonderte Anlage am Ende eines Ackers", dafs es Erbbegräbnisse waren, welche bestimmte Familien sich auf eignem Grund und Boden angelegt hatten. Wie wurde nun aber die Masse des Volks, der gemeine Mann und namentlich der Eigenthumslose bestattet? Die Bibel läfst uns darüber ohne Aufschluss, und in dem heutigen Palästina haben abendländische und specifisch islamitische Bräuche das Alteinheimische so verwischt, dass man hier den Maafsstab des Vorbefundes nicht anlegen kann. Dagegen habe ich bei Ruinen alter Dörfer in dem Gebirge von Hebron wiederholt geräumige künstliche Höhlen angetroffen, deren Gestaltung den Gedanken an eine Cisterne ausschliefst und für die es überhaupt schwer sein würde, einen Zweck ausfindig zu machen, wenn man sie nicht als die gemeinschaftliche Grabhöhle der Ortschaft betrachtet. Das Wenige, was noch in Palästina von eigenthümlichen Landessitten übrig ist, hat man vorzugsweise bei den Christen orientalischer Confession, den directen Nachkommen der nach den Römerkriegen übrig gebliebenen Bevölkerung, und viel weniger bei den, dem allgemeinen islamitischen Herkommen huldigenden Muhammedanern, oder den, talmudisch umgebildet, aus dem Westen in das Land ihrer Väter zurückgekehrten Juden zu suchen. In den von fremdem Einfluss unberührt gebliebenen Hochthälern Nord-Galiläas aber, in Hâsbeia, Râscheia u. s. w. bedienen sich noch heute die griechisch-arabischen Christen einer gemeinschaftlichen Höhle zu ihren Bestattungen.

Wenn nun in der angeführten Stelle die Chetiter dem Abraham ihre ehrlichsten Gräber" anboten, so vermögen wir uns zwar von der damit angedeuteten Abstufung keine ganz klare Vorstellung zu machen, das aber können wir nicht bezweifeln, dafs hier nicht von Familienbegräbnissen, sondern von gemeinschaftlichen Grabhöhlen,

deren einige vielleicht den vornehmern, andere den geringern Geschlechtern der Chetiter dienten, die Rede ist. Unter den Autochthonen des Landes Kanaan konnte der Wunsch, ein Erbbegräbniss zu besitzen, nicht so leicht entstehen, wie bei einem eingewanderten Fremdling, der mit den Seinen auch nach dem Tode noch von den Ureinwohnern abgesondert bleiben wollte, und es ist möglich, dafs das Erbbegräbnifs, welches Abraham erwarb, im Gebirge Juda das erste gewesen, wie es durch wunderbare Fügung auch das letzte geblieben ist. Es bedarf kaum der Bemerkung, dass wir uns unter der Höhle Ephrons keine von diesem künstlich angelegte, sondern eine natürliche Felsenhöhle zu denken haben, welche durch die Formation des Gesteins in einen äusseren und einen inneren Raum getheilt wurde, was sie für den begehrten Zweck besonders geeignet machte.

Durch die Patriarchenzeit können wir die weitere Geschichte der Höhle verfolgen. Abraham ward daselbst von seinen Söhnen Isaak und Ismael, und nachher Isaak von Esau und Jakob bestattet. In der Abschiedsrede des letzteren an seine Söhne, wo er den Wunsch ausspricht, bei seinen Vätern begraben zu werden, zählt er aufser den Genannten und der Sara auch noch die Rebekka und die Lea unter den in der Höhle beigesetzten Todten auf. Sodann bringt die Genesis den merkwürdigen Bericht über Jakobs eigne Bestattung, wie er nach ägyptischer Weise 40 Tage lang gesalbet, wir würden sagen einbalsamirt, und nachdem er 70 Tage lang von den Aegyptern beweint worden, als Mumie, also wahrscheinlich in einem nach der bekannten Form aus Sykomorenholz geschnitzten, mit bunten Farben bemalten Sarge von Joseph und seinen Brüdern, von all ihrem Gesinde, von dem Gesinde Pharaos und von den Notabeln Aegyptens unter einer Bedeckung von Wagen und Reisigen, einem „fast grofsen Heer", in das Erbbegräbnifs von Hebron hinaufgeführt wurde. Es kann hier nicht der Zweck sein, den von dem Trauerzuge genommenen Weg, welcher durch die Tenne Atad, die „Klage der Aegypter“, jenseit des Jordan bezeichnet wird, Untersuchungen anzustellen, auch wollen wir nicht erörtern, ob die zweite jüdisch- ägyptische Mumie, die Josephs, welche die Kinder Israel bei ihrem Auszuge aus Aegypten mit sich nach Kanaan nahmen und bei Sichem begruben, der späteren Sage zufolge ebenfalls hernach in Hebron beigesetzt worden ist; mit Sicherheit geht aus den biblischen Nachrichten soviel hervor, dass das Andenken an die Grabhöhle, das Familiengut der Patriarchen, bei deren Nachkommen im Lande Gosen lebendig blieb, und dafs diese Höhle unter ihren übrigen Leichenresten eine von Aegypten herübergesandte Mumie barg.

Nach der Beisetzung Jakobs erfahren wir Nichts mehr von der

Stätte. In Hebron mufs während des Aufenthalts der Juden in Aegypten eine Umwälzung stattgefunden haben, durch welche die Herrschaft der Gegend von den friedlichen Chetitern auf einen andern amoritischen Stamm, die kriegerischen Enakim, überging; bei der allgemeinen Ehrfurcht des Alterthums vor Begräbnißsstätten ist es aber nicht wahrscheinlich, dafs gegen die Patriarchenhöhle gefrevelt worden wäre, und wir dürfen vielmehr annehmen, dafs die Israeliten nach der Besitznahme von Palästina ihr Familienheiligthum unversehrt wiederfanden. Dafs unter der altjüdischen Herrschaft dasselbe hoch gehalten wurde, lässt sich von vorn herein erwarten; die Bibel freilich schweigt davon, wie denn überhaupt die Stadt Hebron, durch ihre Lage in schwer zugänglichen Bergen, dem Schauplatz der Weltgeschichte entrückt, mit Ausnahme der sieben Jahre des Gegenkönigthums Davids, nur selten zu flüchtiger Erwähnung Anlafs geboten hat. Die Geschichte jener Gebietstheile, des Erbes der Kalebiten, ist daher mit einem wo möglich noch dichteren Schleier verhüllt, als diejenige des übrigen Palästina; nur sehen wir aus der verhältnifsmäfsig späten Erwähnung von Individuen, welche den Beinamen der Chetiter" führen, dafs die bei der Eroberung gebotene Ausrottung der Eingeborenen nicht vollständig stattfand, und dafs die Ueberbleibsel dieser sich in die Ordnung der Dinge gefügt hatten, mit den Eroberern zusammen eine in den fruchtbaren Theilen des Gebirges dicht gedrängte Bevöl kerung bildend, während in der benachbarten Wüste bis an das Westufer des Todten Meeres, in dem jetzigen Gebiete Djehalin-Beduinen, jüdische Nomadengeschlechter hausten, von denen Nabal und Abigail ein Beispiel sind. Die später durch Wegführung der Juden in das babylonische Exil und vielleicht noch durch andere, uns unbekannt gebliebene Ursachen entstandene Bevölkerungs-Abnahme hatte eine Einwanderung der südlichen Nachbarn, der Idumäer, zur Folge, welche sich schon in den Zeiten der Makkabäer so sehr in den Besitz des Landes gesetzt hatten, dass der gebirgige Theil der Stammes Juda mit Hebron als Hauptstadt von den späteren Geschichtschreibern, z. B. von Flavius Josephus, schlechthin Idumäa genannt wird. Dafs es in dieser Zeit gelegentlich Kampf und Streit zwischen den Juden und Idumäern gab, und dafs die Gebirge Hebrons und namentlich die Bergfeste Bêt-Zûra, das vorerwähnte Beit- Ssûr, eines der vornehmsten Kriegsobjecte bei den Unternehmungen der Makkabäer gegen die Seleuciden wurde, sehen wir aus den nach jenen benannten Büchern. Der zwischen der Nachkommenschaft Jakob's und Esau's bestehende Nationalhafs dauerte also, nachdem die beiden Völker sich räumlich so nahe getreten, in alter Heftigkeit fort; da aber die Idumäer nicht minder als die Juden den Abraham als Ahnherrn verehrten, und sie

sogar vielleicht, als von dem Esau, dem älteren der beiden Enkel, abstammend, ein besonderes Recht auf das Geschlechtserbe zu haben vermeinten, so können wir nicht bezweifeln, dafs von ihnen die Grabhöhle der Patriarchen mit derselben Pietät behütet wurde, wie von den Juden. Den beiderseitigen Reibungen, nicht aber dem Hasse, aus dem sie entsprungen, setzte endlich die Erhebung eines Idumäers, des Herodes mit dem Beinamen des Grofsen, auf den Thron von Jerusalem ein Ziel. Derselbe vernichtetete die durch Familien - Zwistigkeiten heruntergekommene hasmonäische Dynastie und vereinigte dann selbst die südliche Hälfte von Syrien unter seinem Scepter. Obwohl er aber selber von Religion Jude war und nicht wenig zur Verherrlichung des Mosaismus beitrug, so scheint doch dieser Glaube unter den Idumäern Hebrons nicht sonderlich Wurzel gefafst zu haben, weshalb auch die Evangelien Nichts von Reisen des Heilands, der doch Peräa und sogar Phönicien besuchte, in diese südlichen Stammsitze des auserwählten Volks berichten.

Nach der Zerstörung Jerusalems durch Titus geschieht bei Fl. Josephus Hebrons eingehendere Erwähnung, bei welcher Gelegenheit es von den Patriarchen heifst: „Auch wird ihr Grab (Denkmal) noch jetzt in diesem Städtchen gezeigt, von sehr schönem Marmor prachtvoll aufgebaut." Hier also ist zum ersten Male von einem, der Felsenhöhle auf dem Acker Ephrons beigegebenen Menschenwerk die Rede, und wenn Josephus auch dasselbe nicht näher bezeichnet, so können wir doch nicht bezweifeln, dafs darunter die von allen Reisenden und Pilgern während der seitdem verflossenen 18 Jahrhunderte angestaunte, und wahrscheinlich noch für das Staunen einer unberechenbaren Nachwelt aufbewahrte Umfassungsmauer zu verstehen ist. Im Jahre 333 gedenkt desselben Werks der Pilger von Bordeaux als einer memoria per quadrum, eines viereckigen Grabdenkmals, ex lapidibus mirae pulcritudinis; um das Jahr 600, zur Zeit des B. Antoninus Martyr, ist bereits in dies quadrum offenbar von byzantinischen Kaisern eine Basilica erbaut worden, und 100 Jahre später fand daselbst der normännische Bischof Artulfus schon nach occidentalischer Sitte für die drei Patriarchen, denen noch Adam beigefügt worden war, Monolithen als Kenotaphien aufgestellt, sowie geringere für die drei Frauen. Wenn wir aus den Kirchenvätern des 4ten und 5ten Jahrhunderts bei Erwähnung der uralten, berühmten Terebinthe im Norden Hebrons erfahren, dafs die heidnischen Bewohner jener Gegend und das waren die weder zum Judenthum noch zum Christenthum übergegangenen Idumäer unter dem besagten Baume dem Abraham göttliche Verehrung erwiesen, so liegt die Vermuthung nahe, dass das über der Grabhöhle des gefeierten Abnherrn innerhalb des

Temenos errichtete Gotteshaus als letzte Besiegelung des nicht ohne Gewaltmafsregeln eingeführten neuen Glaubens dienen sollte, ähnlich wie um dieselbe Zeit auch die alte Tempelstätte der Samaritaner auf dem Garizim bei der Besiegung und Unterwerfung dieses Volks mit einer Kirche gekrönt wurde. Auf die Verbindung des Christenthums mit dem Nationalheiligthum möchte ich es auch zurückführen, dafs jenes, nach Ueberwindung der Schwierigkeiten des Beginns, dann auch mit einer gewissen Energie erfafst wurde, von der noch jetzt zahllose Ortsbenennungen und allenthalben über das Land zerstreute Ruinen christlicher Bauten, als Klöster, Oratorien und Kirchen, Zeugnifs ablegen. Diese im Munde muhammedanischer Fellahs sich fortpflanzende Erinnerung an das Christenthum ist um so auffallender, als dasselbe nur während eines Zeitraums von ungefähr 280 Jahren die herrschende Religion in dem Hochlande von Hebron gewesen ist, denn bereits um die Mitte des 7ten Jahrhunderts war Palästina dem Islam und den Arabern erlegen, welche die vermuthlich schon früher sich der arabischen Sprache bedienenden Idumäer als Nation bald völlig resorbirten.

Auch die Araber behaupten Abkömmlinge Abrahams zu sein, und zwar die vornehmsten dieser durch Ismael, seinen erstgeborenen Sohn, welcher ihnen aber nicht Sohn einer Magd, sondern des einzig rechtmässigen Weibes ist. Ob sie schon vor den Zeiten Muhammeds nach dem Grabe ihres Ahnherrn Pilgerfahrten veranstaltet, wissen wir nicht; indessen ist dies nach dem allgemeinen Streben der semitischen Nationen jener Zeit, sich durch den Besuch gewisser Stätten Heiligung zu erwerben, nicht unwahrscheinlich; wenigstens mufste ihnen, da ganze Stämme der jüdischen Religion folgten, das Heiligthum von Hebron bekannt sein. Es ist natürlich, dafs sie, einmal in den Besitz Judäas gekommen, sich des Begräbnisses ihres Stammbauptes als eines Familiengutes bemächtigten, und so wurde die Abrahamskirche über der Höhle in eine Moschee verwandelt, welche, wie es scheint, schon bald mit solcher Eifersucht behütet wurde, dafs Nichtmuhammedaner sie nicht mehr besuchen durften.

Nach mehr als 300 jährigem Besitze verloren die Araber das Heiligthum an die Kreuzfahrer, deren Andenken noch jetzt in dem Namen des östlich von der Stadt, zwischen den Bergen Djeabireh und Djohae, gelegenen Wadi el-Frendj, des Frankenthals, fortlebt. Offenbar gewannen dieselben ohne grofse Anstrengung die wehrlose Thalstadt und besafsen sie ohne Störung bis in die Saladinische Zeit; aber die Geschichtschreiber finden nur selten zu ihrer Erwähnung Anlass. Die Moschee wurde nun wieder in eine Kirche verwandelt, und der Zeitsitte gemäfs mufste die alte Umfassungsmauer zu einer Befestigung

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