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XVII.

Die Patriarchengruft zu Hebron,

deren Besuch durch den Prinzen von Wales und ihre Bedeutung für die biblische Archaeologie

von Herrn Dr. G. Rosen, Königl. Preufs. Consul in Jerusalem.

(Hierzu ein Plan, Taf. V.)

I.

Schwierigkeit des Unternehmens. Civilisationszustand der Chaliliten. Bedeutung des Abrahamsgrabes für den Islam. Abreise. Der Zug des Prinzen. Die Teiche Salomos. Beit- Faghûr. Ist die Waldlosigkeit die Ursache der Dürre Palästinas? Kufin und sein Charubenbaum. Taufstelle des Eunuchen der Kandake. Das Thal der Saraquelle. Ankunft in Hebron. Schutzmaafsregeln. Die Lage der Stadt.

Von den bei der Reise des englischen Thronerben in Palästina im Frühling vorigen Jahres verfolgten wissenschaftlichen Zwecken nimmt die Eröffnung der berühmten Abrahams - Moschee zu Hebron die erste Stelle ein; ich nenne diesen Besuch eine Eröffnung, weil da zuerst Europäern gestattet wurde, ein Heiligthum zu betreten, welches bis dahin vor jedem Nicht- Muhammedaner sorgfältig verschlossen worden war. Sogar die Macht Englands, die laut gepriesene Hoffnung des stambuler Diwan und zugleich sein heimliches Grauen stellten sich in dem entlegenen Palästina keineswegs als ein Zauber dar, vor dem althergebrachtes Vorurtheil fanatischer Mollahs und ihres Anhangs in der abergläubischen Menge sofort zu weichen gehabt hätte. Nur wenige Jahre früher hatte Prinz Alfred von England bei seinem Ausfluge nach Hebron sich begnügen müssen, die äufsere Umfassungsmauer der Patriarchen-Gräber zu betrachten, und der Befehl der Pforte an 24

Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. XIV.

den Gouverneur von Palästina, Ssureja Pascha, dem Prinzen von Wales das Innere der Moschee aufzuthun, war so sehr mit der örtlichen Thunlichkeit verclausulirt, dafs man mit viel mehr Gewissheit den Wunsch der Regierung, aller Verantwortlichkeit wegen der Folgen des Unternehmens überhoben zu sein, als denjenigen, dem Prinzen in seiner Absicht zu willfahren herauslesen konnte.

Man mufs gestehen, dafs unter diesen Umständen die Stellung des Pascha keine leichte war, und offenbar wäre er glücklich gewesen, wenn er sich auf feine Weise von der Sache hätte losmachen können. Wozu hätte er sie auch fördern sollen? War er auch selbst als ächter Reformtürke über jeden religiösen Scrupel wegen der Entweihung des Heiligthums durch den Besuch der Ungläubigen erhaben, so musste er doch besorgen, dass viele fromme Muselmänner in seiner Provinz diesen Besuch mit Schmerz und mit Zorn vernehmen, und dafs in Constantinopel seine Gegner von der noch immer mächtigen alttürkischen Parthei, in welcher ein äufserlicher Glaubenseifer als conventionelle Lüge fortwuchert, die Angelegenheit benutzen würden, ihm in seiner politischen Laufbahn zu schaden.

Und dann konnte ja immerhin ein Unglück geschehen. Civilisation und persönlicher Muth sind zwar keineswegs einander ausschliefsende Begriffe, aber doch wird eine gewisse Art von Selbstaufopferung nur bei sehr rohen Völkern angetroffen. Als dieser Kategorie angehörig verräth sich die Bewohnerschaft Hebrons schon in ihrer äufsern Erscheinung, diese unschönen Weiber, nach Fellah-Weise lediglich in ein bis auf die Knöchel reichendes dunkelblaues Hemde von grobem Baumwollenstoff gekleidet, immer barfufs und das Haar unordentlich in ein Tuch geknotet, von dem als Symbol der den Muhammedanern durch Sitte und Religion gebotenen Verschleierung ein zum schmutzigen Strange gewordener Zipfel über die Stirn herabfällt und dann mit den Zähnen festgehalten wird, diese hagern und meistens bleichen Männer, aufser dem Turban in einfachster Form und Sandalen-Schuhen aus Kameelhaut sich ebenfalls nur eines Hemdes mit breitem Ledergürtel bedienend, über welches nur bei gröfserer Kälte die Abâje, der eigenthümliche, braungestreifte Mantel aus Ziegenhaaren geworfen wird. War es nicht möglich, dafs diese unerschrockenen Ohnehosen, die, um ihren Ahnherrn Abraham gegen den Prinzen Alfred zu vertheidigen, schon zur Muskete gegriffen hatten, nicht auch jetzt für das hochverehrte Grab einen Wall bilden, ja dafs sie selbst die Krone des Märtyrerthums aufsuchen würden, um es vor Entheiligung zu sichern? Solche Reflectionen brachten den Pascha zu der Ueberzeugung, es sei besser, der Prinz betrete die Moschee nicht.

Wie aber ihn abhalten, ohne seinen Unwillen zu erregen? In tür

kischen Beamtenkreisen aufgewachsen, konnte Ssureja wegen einer solchen Sache nicht in Verlegenheit sein. Er empfing die Botschaft des Prinzen mit einer Bereitwilligkeit, als ob ihm selbst mit dem Ausfluge der gröfste Gefalle geschähe, er versprach sofort den Pfortenbefehl nach Hebron zu schicken und hoffte, der dortige Municipalrath, von der ihm bevorstehenden Ehre benachrichtigt, werde nur zu glücklich sein, den hohen Reisenden in gebührender Weise zu empfangen. Nach einer solchen Einleitung glaubte er die unzweifelhaft bevorstehenden Schwierigkeiten später als ganz unvorhergesèhen, sich selbst aber als das bemitleidenswerthe Opfer derselben darstellen zu können.

Die Zusage wurde angenommen, und ein Courier ging nach der Stadt Hebron ab, unter deren Häuptern diese Nachrichten eine grofse Aufregung hervorriefen. Der Kadhi, der Mufti und die Aeltesten traten zu einer langen Berathung zusammen und einigten sich endlich zu einer Antwortnote an den Pascha, des Inhalts, da der Befehl von Constantinopel an ihn adressirt sei, so werde er am besten wissen, was er zu thun habe; als gehorsame Unterthanen stellten sie ihm anbei die Schlüssel des Heiligthums zur Verfügung. Wir selbst aber", setzten sie hinzu, „ fürchten Gott und fürchten Isaak, über welchem Heil

sei".

"

Um dieses Schreiben, welches zunebst den Schlüsseln ungesäumt in Jerusalem eintraf, recht zu verstehen, haben wir uns die Bedeutung des Abrahams-Grabes in den Augen seiner Hüter mit wenig Worten klar zu machen. Nach muhammedanischer Doctrin hat sich Gott nur in einer Religion dem Menschengeschlechte offenbart, und diese Religion ist der Islam, die Resignation in Seinen Willen. Die Offenbarung ist aber nicht auf einmal, sondern stufenweise ergangen: zunächst an Adam, dann an Idris oder Henoch, dann an Noah, dann auch an, der Bibel unbekannte Propheten, Hûd und Ssâlih, und endlich an Abraham, den Stammvater der Araber, welcher mit seinem Sohne Ismael zusammen das Nationalheiligthum der Kaaba zu Mekka erbaute und so zunächst dem Glauben die noch jetzt bestehende äussere Gestaltung gab. Abraham war also der erste eigentliche Muslim, Resignirende, und dasselbe waren seine Nachkommen, wie auch der Koran ausdrücklich bezeugt, dass auf die Frage des sterbenden Jakob an seine zwölf Söhne, welchem Glauben sie angehören wollten, dieselben einmüthig antworteten: „Wir sind Muselmänner!" · In der Folge erschienen immer mit derselben Offenbarung und sie nach. dem Willen Gottes allmählig erweiternd Moses, dann Jesus und endlich Muhammed, das Siegel, oder, wie wir sagen würden, der Schlufsstein der Prophetenwürde, ein Jeder von diesen mit einem Buche, durch welches er für die ihm von Ewigkeit her bestimmte Epoche der

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