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XXIII.

Die Standorte der Farrn auf den canarischen Inseln

pflanzen - topographisch geschildert

von Dr. Carl Bolle.

Seit lange sind die canarischen Inseln wegen ihres Reichthums an Farrnkräutern berühmt. Das subtropische Klima, eine oceanische und doch zwei Kontinenten nahegerückte Lage, die gewaltige Höhe des Landes und seine dadurch grofsentheils bedingte Temperaturverschiedenheiten, seine Zerrissenheit durch die tiefen, oft feuchten und dunklen Schluchten der Barrancos, die Frische vieler trotz aller Verwüstungen immer noch in unvergleichlicher Laubfülle prangender, wasserdurchrieselter Wälder endlich, Alles dies mufs nothwendiger Weise den Wuchs und die Mannigfaltigkeit einer Pflanzenklasse begünstigen, für welche sämmtliche obengenannten Umstände Lebensbedingungen sind. Was im westlichen und südwestlichen Europa nur vereinzelt als grofse Seltenheit auftritt, zeigt durch Individuenzahl und vollendetere Entwicklung, dafs es auf diesem Archipel seiner Urheimath, seinem Schöpfungsheerde, näher sei; insbesondere sind einige nur an den äufsersten Spitzen des Occidents unseres Welttheils, meist in geringer Menge, gedeihende Arten, wie Asplenium Hemionitis, L., Davallia canariensis, Sm., Trichomanes radicans, Sw., auf dem Boden der Fortunaten zum Theil gewöhnliche Erscheinungen. Dabei verdient Berücksichtigung, wie, ungleich manchen anderen canarischen Florenbürgern, die Farrn als Urtypen einer echt aborigenen, unwandelbar sich gleichgebliebenen Vegetation dastehen. Die äusserst geringe Neigung zum Verwildern, welche sie an den Tag legen und ihr fast ausschliessliches Vorkommen an von der Cultur unberührten Orten lassen uns in ihnen Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. XIV.

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mit Bestimmtheit Bildungen erkennen, welche ungezählte Jahrtausende hindurch die Felseneilande der Atlantis, in deren Pflanzendecke sie eine so bedeutende Rolle spielen, mit Grün bekleidet haben und deshalb als Zeugen von deren ältesten Epochen zu betrachten sind. Mag immerhin die Masse ihrer Einzelwesen durch den Fleifs der Menschenhand eingeschränkt worden sein; ihre Specieszahl ist, seit das erste phönicische Segel in den canarischen Gewässern erschien, schwerlich um eine weder vermehrt, noch vermindert worden.

In Erwägung dieser Verhältnisse, dürften die Farrn der sieben Inseln und genauere Details über ihr Vorkommen, als man bisher besafs, nicht ungeeignet sein, selbst abgesehen von der Schönheit ihrer Formen und von den Verführungen einer gewissen, ihren Familiengenossen überhaupt gegenwärtig zugewandten botanischen Moderichtung, ein Interesse und zwar nicht das des Kräuterkundigen allein in Anspruch zu nehmen. Auch für den Pflanzengeographen wird vielleicht eine auf Erfahrung basirte nähere Beleuchtung des Auftretens derselben und die Betrachtung jener Vegetationsstrahlen, vermöge welcher die verschiedenen Arten auf dieser Inselgruppe zusammentreffen, nicht ganz werthlos erscheinen. Möge es Letzterer sich daher gefallen lassen, wenn wir den Versuch wagen, dem Lakonismus der früheren Schriftsteller, unter welchen Berthelot noch der belehrendste ist, einige ausführlichere Angaben zu substituiren.

Dem speciellen Farrnfreunde gegenüber und es ist dies zur Zeit eine an Zahl nicht ganz geringe Klasse von Lesern - ist sich der Schreiber dieser Zeilen bewufst, weder einer Entschuldigung, noch einer Captatio benevolentiae zu bedürfen. Gewifs folgt ihm Jener gern auf ein Gebiet, welches in der Nachbarschaft unseres vaterländischen Erdtheils leicht das artenreichste sein dürfte; wo so Vieles, was man daheim als rara avis anzustaunen gewohnt ist, in paradiesischer Ueppigkeit und Fülle sich der Hand des Sammelnden darbietet. Denn, wie der betende Muselmann sein Auge nach Osten wendet, so richtet der Dilettant europäischer Farrn das Seinige dem Westen zu. Der sinkenden Sonne folgen seine Blicke; hinter der Abendröthe lässt er seine Wünsche wohnen: im smaragdnen Erin, auf dem winterlosen Jersey, an den letzten Vorgebirgen Landsend und Finisterre oder wo, an der Mündung des Tajo, mit der Serra de Cintra unser Europa in die Unermesslichkeit des Oceans hinabsinkt. Hier, fern von dem Kontinentalklima des Ostens, wandelt er, sei es wirklich, sei es im Gedanken, inmitten seiner ewiggrünen Lieblinge, die, unter dem Hauche milder Zephyre und seeherwehender feuchtwarmer Luftströmungen entsprossen, an diesen Orten bereits einen Hauptbestandtheil des Pflanzenwuchses auszumachen beginnen. Aber noch ist der Höhepunkt des

Farrnreichthums von europäischem Typus nicht erreicht. Das Weltmeer hat seine Inseln, auch auf dieser Seite. Bald sehen wir die Pyramiden ihrer Piks, ihre waldbestandenen Cumbren aus der Fluth auftauchen: die Azoren, Madeira, die Canaren und was von der alten Atlantis sonst noch für Trümmer übriggeblieben oder vom unterirdischen Feuer für vulkanische Gipfel ans Licht gehoben worden sind. Hier weile, Wanderer, wenn Du die so allgemein gewordene Leidenschaft für Farrn theilst und zur Fahne eines Newman oder Moore schwurst. Du hast das Heiligthum erreicht und kannst in dein Tagebuch die Worte schreiben: et mihi licuit adire Corinthum.

Nicht leicht fährt wohl ein Botaniker an den Küsten dieser Eilande vorüber, ohne zu den Lorbeerwäldern und Wassergrotten stille Wünsche emporzusenden; nicht leicht macht ein Solcher im Hafen von Sta. Cruz de Tenerife die gewohnte, kurze Rast der Seefahrer, ohne auf seinem ersten Ausfluge sich nach den Gewächsen umzuschauen, die, um schön zu sein, der Blüthe nicht bedürfen. Ob mit Erfolg, wird von der Jahreszeit und von der Richtung, welche er einschlägt, abhängen. Wir möchten ihm am meisten eine nur zu Fufs mögliche Excursion empfehlen, die an der reizenden Villa Pino de Oro, auch la Ninfa genannt, vorüber und von dort bergan auf die Wasserleitung (Tajea) führt, welche den Barranco de Almeida umkreisend, durch verschiedene Tunnels die Höhe des grofsen Thales Tahodio gewinnt und, dasselbe fast in seiner ganzen Länge meilenweit hinauf verfolgend, zu der Madre del Agua des Lorbeerforstes Aguere emporleitet. Dieser auch in landschaftlicher Hinsicht höchst interessante und lohnende Weg verspricht dem Sammler, der dabei jedoch natürlich eines pfadkundigen Führers (Pratico) bedarf, in wenig mehr als einem halben Tage (hin und zurück), die Besitzergreifung von mindestens sechzehn Species seltener Farrn. Der Rückweg kann auch über Laguna, ebenfalls an ein und demselben Tage, genommen werden. Die alte Hauptstadt der Insel wird intra muros eine gute Ausbeute liefern; namentlich kann hier, auf verwitterten Dächern oder Balkonen und an nebelnassen Mauern, neben mehreren Sempervivoiden, ein wahrer Ueberfluss an dem Besucher wahrscheinlich neuer Davallia canariensis wahr- und mitgenommen werden. Noch reicher aber wird unstreitig der Gewinn für die grüne Büchse, wenn der Herborisirende Zeit genug hat, den Wald Agua-Garcia und weiterhin die Nordseite Teneriffa's, die Umgegend der beiden Orotavas, die von Taganana, Jcod de los Vinos und Garachico zu durchstreifen: denn dies sind die Oertlichkeiten, an welchen, gleichwie auf den westlich gelegenen kleineren Inseln, der Farrnreichthum innerhalb dieses Archipels seinen Kulminationspunkt erreicht. Etwas ärmer an Filices ist schon Gran-Canaria: ganz arm daran sind Lan

zarote und Fuertaventura, die östlichen Eilande: dieses fünf, jenes gar nur zwei Species von Farrn in seiner Flora beherbergend.

Das Erdreich, in welchem die uns beschäftigende Pflanzenfamilie auf den Canaren gedeiht und wurzelt, ist seiner geologischen Beschaffenheit nach, wenn nicht bei Abhandlung der einzelnen Arten Anderes darüber bemerkt wird, als ausschliesslich vulkanisches Gestein, Basalt, Trachyt oder Tuff anzunehmen. Die absolute Höhe, in der die Species vorkommen, kann nach Angabe der Regionen, in welche die Inselgruppe klimatologisch und botanisch zerfällt, mit Leichtigkeit ermessen werden. Es sind dies:

Charakterfarrn derselben

1. Die Küstenregion, bis 2500 Fufs. sind: Cheilanthes pulchella, Bory, Notochlaena lanuginosa, Desv., Pteris longifolia, L., Aspidium molle, Sw.

2. Die Region der sempervirenten Waldungen, von 2500-4500 Fuss Höhe; im Besitz der ungeheuren Mehrheit aller canarischen Farrnkräuter.

3) Die Hochregion, höher als 4500 oder 5000 Fufs, äusserst arm an Filices und nur zwei Arten davon erzeugend: Ceterach officinarum, Willd. und Asplenium Adiantum nigrum, L., var. acutum, von welchem überdies noch Letzteres der Hauptmasse seiner Individuen nach der Waldzone angehört.

1. Adiantum Capillus Veneris, Lin.

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L. von

Bory de St. Vincent, Essai sur les îles Fortunées 314. p. Buch, Physikalische Beschreibung der Canarischen Inseln p. 137 und 173. Desselben Herbarium No. 20. Webb et Berthelot, Histoire naturelle des îles Canaries, Phytographia III. 451. p. A. tenerum, L. von Buch, Allgemeine Uebersicht der Flora auf den Canarischen Inseln p. 360. A. trifidum, Willd. Carl Bolle, Novitiae florae caboverdicae, in Bonplandia (1855) p. 121.

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Vorlinnéische Namen: Αδίαντον, Πολύτριχον, Dioscorides IV, Cap. 136. Adiantum foliis Coriandri, Caspar Bauhin, Pinax 355. Abbildung: Newman, History of British ferns (1854), p. 1. Spanisch: Culantrillo, Culantrillo de pozo.

Portugiesisch: Avença.

Der allbekannte, wunderschöne Wasser- und Quellfarrn, überall auf den canarischen Inseln im grössten Ueberflufs da zu Haus, wo Feuchtigkeit durch das Gestein sickert; hin und wieder auch am Rande der Bäche, die in sicherem, felsumhegten Bette fliefsen. Am meisten liebt er senkrechte Wandungen, die er, seine Rhizome zu einem dichten Polster geflochten, seine lichtgrünen, zierlichen Wedel zu Millionen

als wogenden Teppich aneinandergereiht, oft weithin überzieht. So spielt er in der unteren Region die Rolle, welche höher hinauf Cystopteris fragilis, Bernh. übernimmt. Sein ist eine Mission der Nützlichkeit und Schönheit zugleich; denn die das Auge in so überwältigender Lieblichkeit grüfsenden Farrnrasen verhüten, besser als jede andere Pflanze, die allzu schnelle Verdunstung und schützen das dem Schoofs der Erde entquellende Nafs gegen die heifsen Luftströmungen. Mag der Levantewind, den die afrikanischen Wüsten über die Meeresarme senden, immerhin das zarte „Frauenhaar" zerwühlen, die feingeschnittenen Fiedern versengen: den Wurzelstöcken vermag er nichts anzuhaben. Die breiten ihre Decke schirmend über das verborgene Tröpfeln, die senden unaufhörlich frisches Laub empor, dass es die abgestorbenen, glänzendschwarzen Stielchen verhülle. Meilenweit läuft einer der die Küstenstädte speisenden Aquädukte und wie ein maigrüner Streifen bezeichnet, der Culantrillo seine Bahn. Wir folgen ihm: an schwindelnden Abgründen entlang, wo dem Ziegenhirten schaudern würde, wohin nur der Orchillero seinen Fufs zu setzen wagt. An vielen Orten hängt der Fels über; erst gebückt, bald kriechend in dem nassen Rinnsal, hin und wieder durch unterirdische Galerieen, rücken wir vorwärts. Welche Riesenarbeit mufs es gewesen sein, diese Massen zu sprengen! Wir scheuchen das Steinhuhn aus unzugänglichen Klüften, den Falken aus seinem Klippenhorste. Endlich öffnet sich, nach langem Marsche, die Madre del Agua, des Wassers Mutter, wie das Volk in seiner poetischen, dem Sinne nach arabisch gebliebenen Sprache sagt. Tief und dunkel dringt die wasserspendende Grotte in die Eingeweide des Gebirgs. Ein uralter Viñatico oder ein wilder Feigenbaum beschattet die Wölbung ihres Eingangs; köstliche Frische umfängt den Ermüdeten, der mit unendlichem Wohlbehagen einen Trunk schlürft, so labend, dafs ihm Jahre lang die Erinnerung daran im Gedächtnifs bleibt. Und nun lagert er sich neben dem Bassin vor der Höhle und hört, jedem anderen Geräusche fern, nur das Wasser rauschen, die demantnen Tropfen langsam und rythmisch von der Decke niederfallen.

Das sind Bilder, die der blofse Gedanke an Adiantum Capillus Veneris in der Seele dessen weckt, der es im fernen Süden zu sehen gewohnt war. Hing es ja doch in Momenten, wie der geschilderte, in höchster Fülle und Vollendung über seinem Haupte. Soweit ein Lichtstrahl das Innere erhellte, waren die Wände mit dem herrlichsten Frauenhaar bekleidet. Dieser den Nymphen geweihte Farrn nimmt an so bevorzugten Stellen ganz andere Formen als die gewöhnlichen an, und ist der besuchende Gast etwa ein Botaniker und mit dem Anblick noch nicht völlig vertraut, so träumt er im ersten Augenblick wohl

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