Imatges de pàgina
PDF
EPUB

"

ungünstigen Verhältnissen man denke u. a. an Bogumil Goltz's Kleinstädter in Aegypten" der Fall ist. Kommt indessen zu einer Gesandtschaft ein Mann, dem Sitten und Gebräuche, wenn auch nicht des speciellen Landes, so doch besonders die in der gleichen Religion wurzelnden bekannt und geläufig sind, so wird es demselben gerade auf dem Wege einer Gesandtschaft am besten möglich sein, Land und Leute kennen zu lernen und zu beurtheilen, die geistige, wie materielle Bedeutung der Bewohner, die Lebensfähigkeit der Nation in das richtige Licht zu stellen. Wir glauben, dass Brugsch in dem vorliegenden Buche diese Aufgaben über Persien gelöst, diese Fragen beantwortet hat, wenigstens ist es ihm gelungen ein klares Bild des Landes und seiner Bewohner, seiner einstigen Gröfse und seines jetzigen Verfalls zu geben. Gerade hierin, dafs wir dies aus dem vorliegenden Werke klar ersehen, finden wir ein Hauptmoment für eine sehr günstige Beurtheilung des Werkes, das fern von diplomatischer Beschönigung den Mängeln des dortigen Regiments einen beredten Ausdruck verleiht. Wenn wir in dem Folgenden genauer auf den Inhalt des vorliegenden Werkes eingegangen sind, so glaubten wir dazu uns gewissermafsen dadurch verpflichtet, dafs diese Gesandtschaft, wir können wohl sagen, die erste preufsische Gesandtschaft gewesen ist, über deren Erlebnisse uns Resultate in wissenschaftlicher Beziehung in einem Werke Rechnung gelegt ist. Uns sind keine grösseren Werke als Resultate preufsischer Gesandtschaften in ferne Länder bekannt; die existirenden Werke, die auf ähnliche Art entstanden sind, wie die Reisen der Prinzen Adalbert und Waldemar, des Prof. Lepsius, sind als Prachtausgaben immer nur einem sehr beschränkten Leserkreise zugänglich geblieben. Vielleicht möchten wir noch dahin die Erdumsegelung des Königl. Seehandlungsschiffs Louise, Anfang der 30 ger Jahre von Dr. Meyen vom specifisch botanischen Standpunct beschrieben, rechnen aber ein Werk, einem grofsen Kreise so zugänglich, wie die Reise der Novara, haben preufsische Gesandtschaften noch nicht geliefert. Es mag uns daher von diesem patriotischen Gesichtspuncte zu Gute gehalten werden, wenn wir genauer als es in dieser Zeitschrift sonst zu geschehen pflegt, dem Inhalt des vorliegenden Werkes gefolgt sind.

Der erste uns vorliegende Band des Werkes reicht von der Heimath bis Hamadan mit anderen Worten er umfafst die Hinreise nach Persien und zwar nach Teheran und den ersten Theil der Reise in die iranischen Provinzen von Teheran nach Hamadan. Gewidmet ist derselbe den Manen des in der Karavanserei von Khaneh - Zenjam am 5. November 1860 verstorbenen Chefs der Gesandtschaft, dem Baron von Minutoli.

Die Vorrede giebt uns einen Ueberblick über die Zusammensetzung der Mission; der Zweck wird einfach ein politischer genannt. Die Mission bestand aus dem Baron von Minutoli als Chef, dem Verfasser als Secretair, dem Hauptmann von Grolmann, der der Mission in Persien nachkam, als Militär- Attaché und dem Dragoman Dr. Pietraszewsky, dazu ein deutscher Koch und ein deutscher Diener,

Am 9. Februar 1860 versammelten sich die Mitglieder der Expedition in Triest und erreichten am 16. auf dem Lloyddampfer Calcutta Constantinopel. Der Aufenthalt hier währte bis zum 1. März. Brugsch giebt aufserordentlich anziehende Schilderungen über Stadt und Leute; in Betreff der Stadt giebt er der Aeufserung eines Reisenden vollkommen recht, der zur Erhaltung des unendlich poetischen Eindrucks der Stadt Constantinopel in Betreff ihrer Lage gerathen hat, dass man ohne auszusteigen gleich wieder abreisen solle. Die vielen in Constantinopel zusammentreffenden Nationen läfst er in geistvoller Weise Revue passiren. Nachdem er der vielen Europäer erwähnt hat, in deren Gefolge auch in Constantinopel die Crinoline unvermeidlich ist, fährt er fort:

[ocr errors]

Wunderbur im Gegensatz dazu ist die asiatische Welt, in Physiognomie und Tracht, welche hier schon in Pera mit der europäischen Bevölkerung in Berührung kommt und meist der dienenden Klasse angehört. Sie ist am lächerlichsten da, wo sie in meist unschöner Nachäffung alles europäischen Wesens auftritt, bis zum türkischen Soldaten und Kavassen hin, der mit gravitätischer Miene die Strafsen Peras entlang schleicht. In jenem fein gekleideten Citoyen, der ernst und langsam einherschreitet, das pechschwarze, starke Haar mit dem feinen Fefs bedeckt, mit der langen, hakenförmig gebogenen Nase und den schwarzen, stechenden Augen mit starken Augenbraunen darüber erkennst du auf der Stelle den reichen Armenier. Sieh nur, wie er eine Kugel seiner Bernsteinschnur nach der andern bedächtig durch die Finger gleiten läfst, um Gelegenheit zu haben, die Brillanten seiner Ringe den Leuten zu zeigen. Der ruhelose Landsmann des ewigen Juden lässt sich nicht ableugnen aus jenem schönen, aber verschmitzten Gesicht mit bekanntem Racentypus. Er geht in türkischer oder europäischer Tracht, je nachdem seine besonderen Interessen es erheischen. Werft einen Blick auf die Lammmaske mit der spitzen, schwarzen Pelzmütze. Schwört ers auch ab, er ist und bleibt der geschmeidige Perser. An der Farbe erkennt man den Mohren, das hat man in Constantinopel in Hülle und Fülle zu beobachten. In allen Abstufungen der Hautfarbe tritt die Negerbevölkerung als eine bedeutende Beigabe des afrikanischen Continentes auf."

„Einen traurigen Eindruck hinterliefs der Anblick der zahlreichen

ausgewanderten Nogai-Tartaren, welche bekanntlich die russische Nogai-Steppe in grofsen Massen verlassen haben und nach Constantinopel gewandert waren, um ein neues Vaterland von den rechtgläubigen Muslimin zu empfangen. Die Versprechungen waren glänzender als die Erfolge, wenigstens lungerten sie obdach-, brod- und arbeitslos in den Strafsen Constantinopels herum und bettelten mit wahrer Wuth jeden anständig gekleideten Spaziergänger an. In ihrem Kopfe, den eine mit Pelzwerk verbrämte Lederkappe bedeckt, zeigen sie viel Mongolisches. Die kleine Stumpfnase und die schräg stehenden Augen sind unverkennbare Merkmale."

„Diese Nogai-Tartaren zerfallen in 5 Horden, wovon 3 Anhänger der mohammedanischen Religion sunnitischer Secte sind. Die andern verehren Götzenbilder und wenden sich in ihrem Gebet an die aufgehende und die untergehende Sonne, wie die Geber oder Feueranbeter in Persien und Indien. Sie sind absolute Nomaden, bei denen jeder Versuch der Colonisation bis jetzt missglückt ist.“

Bei Gelegenheit eines Besuches im Divan bei dem General Muchlis Pascha früher Kuczkowski - erwähnt Br. als Curiosum der grofsen Schwierigkeiten, die durch das Ablegen der Fufsbekleidungen für das Wiederfinden derselben entstehen. Ein weiser Perser argumentirte diese Sitte so:

Ihr Frengi mögt in Eurem Vaterlande in Frengistan gesittete und gebildete Menschen aufzuweisen haben. Hier zu uns kommen nur selten wohl erzogene Männer her. Diese machen Alles verkehrt und sind unreine Söhne ihres Landes. Oder geziemt es sich, beim Eintritt in ein Zimmer das abzulegen, womit nichts verunreinigt wird und das nicht abzulegen, womit man den Schmutz in dein reines Zimmer trägt? Entblöfsen sie nicht ihr Haupt vor allen Leuten und treten sie nicht mit den Schuhen auf den reinen Ort des Teppichs, auf dem Du issest und trinkst und schläfst und sitzt? Maschallah, wo sitzt da Verstand, wo sitzt da Gesittung! Bei Deinem Haupte, übel würde es ihnen in Frengistan ergehen, wollten die schlecht erzogenen Leute den reinen Teppich in den Zimmern mit ihren schmutzigen Füssen betreten! Warum schickt man aber die Unreinen gerade zu uns? Doch nur um Anstand und Sitte zu erlernen!"

Der Obelik auf dem Platze des Atmeidan wurde von Br. bei seiner speciellen Kentnifs egyptischen Alterthums näher besichtigt. Die hieroglyphische Inschrift auf diesem Obelisk besagt: dafs der grofse und siegreiche König von Ober- und Unteregypten Tothmosis III, diese Säule zu Ehren seines himmlischen Vaters Ammon - Rha von Theben habe ausführen und aufstellen lassen, zum Dank für die Siege, welche ihm der Gott zu Wasser und zu Lande verliehen im Süden bis zum

Cap Apto, im Norden bis Mesopotamien.

Dieser Obelisk ist zuerst nach Alexandrien, von da nach Athen, dann unter dem ältern Theodosius nach Constantinopel gekommen. Seine ursprüngliche Basis liegt wohl 15 F. unter dem jetzigen Niveau des Platzes. Lord Stratford hat im Orientkriege den Obelisken durch englische Soldaten ausgraben und vollständig umhegen lassen.

Ein zweiter ehemals mit Kupferplatten bedeckter Obelisk ist kein ägyptischer, sondern ein aus Werkstücken geschickt zusammengeformter Bau in Spitzsäulenform. Auch der berühmten Schlangensäule - zwei Schlangenkörper, die sich in schöner Windung eng umschlungen halten, geschieht Erwähnung; beide Köpfe, die Schaale und der berühmte Dreifuss fehlen. Nach der neuesten, am Schwanze der Schlangen entdeckten Inschrift war dies Denkmal nach der Schlacht von Plataeae vom gesammten Griechenland den Combattanten von Hellas gewidmet.

Die Gesandtschaft besichtigte das Sommer- und Winterserail, die Kirchen Aja Sophia und der heiligen Irene, die beide durch mohammedanische Decorationen vielfach entstellt sind. Am 27. Febr. hatte die Gesandtschaft eine Audienz bei dem mittlerweile ins Grab gestiegenen Abdul-Medschid, der damals schon einen tief leidenden Eindruck machte. Den Schlufs des Aufenthalts in Constantinopel machte ein Diner bei dem persischen Gesandten Mirza - Hussein - Khan, bei dem sich schon der von dem türkischen Geschmack abweichende persische in den vielen Blumenvasen und Glasglocken bemerklich machte. Cigarren, Nargileh und Tschibucks, die Repräsentanten der europäischen, persischen und türkischen Rauchwelt, machten dabei unablässig die Runde.

Am 1. März verliefs die Gesandtschaft auf dem Lloyddampfer Trebisonde Constantinopel und kam am 5. März in Trapezunt an. Hier währte der Aufenthalt, bei dem besonders ein Besuch bei dem persischen Consul Mirza Hussein, früher mit Feruk Khan in Paris, von Interesse war, bis zum 14. März. Der frühere Beschlufs des Botschafters, von Trapezunt aus den Weg über Poti und den Kaukasus einzuschlagen, fand hier durch die übereinstimmenden Angaben über den schlechten Zustand der Strafsen in Klein-Asien noch besondere Befestigung. Die Gesandtschaft trat ihren Weg dorthin auf dem prächtigen russischen Dampfer Grand-Duc Constantin an. Unterwegs besuchte sie Batum, einem erbärmlichen Ort, in dem während des Krimkrieges von dem 10000 Mann starken tunesischen Hülfscorps 6000 Mann Krankheiten und schlechter Verpflegung erlagen. Hier siedelten die Reisenden auf einen kleineren russischen Dampfer Galuptschick (Täubchen) über, auf welchem sie in den Rion einfuhren und zu dem ein wenig am Rion aufwärts liegenden Orte Poti gelangten, der aus circa

100 zerstreut liegenden Blockhäusern besteht, zwischen denen jedoch ein wahrhaft grundloser Koth alle Communication unterbrochen hatte. Von hier aus ging es auf dem Rion stromaufwärts, dessen landschaftliches Leben auf beiden Seiten des Flusses merkwürdige und auffallende Aehnlichkeit mit den Landschaftsbildern des Spreewaldes bietet. Die Ufer sind anfangs niedrig, das Wasser reicht bis zu ihnen heran, dünnes Laubholz bildet die Einfassung des Stromes. Politisch beginnt auf dem rechten Ufer die Landschaft Mingrelien, auf dem linken Gurien. Die Fahrt auf dem Rion ist ganz besonders schön geschildert. Br. sagt:

In grofsen Bogen, oft von der Breite des Rheins bei Cöln oder des Nils bei Cairo, zieht sich der Phasis hin. Die Waldung wurde immer dichter, immer stärker. An den entlaubten Bäumen läuft den Stamm auf und abwärts dunkelgrüner, üppig wuchernder Epheu. In Gestalt dünner, grüner Schleier senken sich von den Zweigen die feinen, ausgetrockneten Fäden verschiedenartigster Schlingpflanzen in unendlicher Abwechslung zum Boden hernieder, oft bis zum Wasser des Rion forthüpfend, dessen Fluth die leichte Last hin und her treibt. In Armsdicke kriecht in Schlangenlinien die vielgepriesene colchische Weinrebe auf dem Boden fort, windet sich vom Stamm zu den Zweigen und Aesten des nachbarlichen Bodens herauf, um von da aus die luftige Reise durch einen grofsen Theil des nächsten Waldreviers anzutreten. In diesem unvergleichlich anmuthigen, urwaldlichen Saale, dessen Decke das wundersamste Netz verschlungener Arabesken lebendiger Pflanzenformen, dessen Säulen die epheuumrankte, nordische und südliche Baumwelt bildet, breiten die bunten Kinder des Frühlings den reizendsten Blumenteppich aus. Wie Schade, das drinnen in Gottes schönstem und natürlichstem Tempel, mit dem nur die Urwaldungen Amerikas an den Stromufern des Missisippi und Ohio verglichen werden können, das Fieber mit tödtlichem Gift das Menschengeschlecht verfolgt."

Die solchen Malariagegenden eigenthümliche Fieberluft erfordert hier viele Opfer, weshalb das Chinin fast zu den täglichen Nothwendigkeiten gehört.

Der beschriebene Character der Gegend hörte übrigens bald auf, indem sich bald hinter den Wäldern des Ufers hohe Gebirgsketten erheben. Ueber drei Stromschnellen erreichte man das Städtchen Maran und damit das Ende der Stromschifffahrt, eine neue beschwerliche Art der Reise zu Lande nahm von hier aus ihren Anfang. Telega und Troica mufsten von hier aus die Gesandtschaft weiter schaffen; dieselbe wurde zu zweien auf kleine Holzkasten mit vier Rädern unter Kisten und Kasten gepackt und dann fort über Stock und Stein.

« AnteriorContinua »