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Verständnis der Ptolomaeischen Angaben über Afrika einen Umstand beherzigen, der bis jetzt gar nicht in Betracht gezogen ist, nämlich den, dafs damals noch grössere mächtigere Reiche im Innern Afrika's vorhanden waren, die den Verkehr ungemein erleichterten. Ein Beispiel hiervon habe ich gerade auch aus Ptolomaeus in der Einleitung zu meinen Afrikanischen Vokabularien (S. LXXXVI No. 1) in Bezug auf die Garamanten angeführt und ganz ähnlich war wohl das Verhältnifs in diesem Equatorialen Ost-Afrika. Ob aber das dort, in geringer Entfernung südlich vom Equator, damals bestehende Reich schon das Reich Uniamézi war, das im portugiesischen Mittelalter jene Zone beherrschte und ob von dem Namen dieses Reiches, das allerdings an den Begriff „Mond" (mezi) sich anlehnt, Ptolomaeus jenen Bergen den Namen „Mondberge" beigelegt habe, ist eine andere Frage, die sich vielleicht nicht mehr entscheiden läfst. Wenigstens müssen wir wohl der Behauptung Charles Beke's, des verdienstvollen Abessinischen Reisenden und entschiedensten und nun endlich sieggekrönten Hauptgegners der Ansichten Cooley's über des Ptolomaeus nilotische Angaben beitreten, dafs der Name Mondberge" unmöglich von dem Arabischen Namen djebel el kamr ausgehn konnte, da „Mond" in den SüdArabischen Dialekten der alten Zeit gar nicht kamr, sondern ganz anders heifst (Beke, Sources of the Nile p. 74). Auch ist es immerhin nicht so unwichtig, wie Mr. Cooley von seinem parteiischen Standpunkte aus uns glauben machen möchte, dafs der Kirchenhistoriker Philostorgius (1. III. c. 10) im Anfang des 5. Jahrhunderts von einer Landschaft des Mondes" an jener Ost-Afrikanischen Küste spricht '), so absurd auch die in der betreffenden Stelle angeführte volksthümliche und schon uralte Ansicht von einem unter dem Meere Fortlaufen des Flusses unzweifelhaft ist.

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So also hatte der in dem lebensvollen Mittelpunkt des damaligen Welthandels unermüdlich forschende Ptolomaeus wohl Gelegenheit, über jene, allerdings ferne, aber ihm doch mehrfach, im geistigen Interesse wie in äusseren Beziehungen, näher gerückte Gegend mannichfache und vielfach berichtigte Erkundigungen einzuziehn; aber natürlich konnten solche immerhin nur allgemeiner Natur sein, und wenn schon der Küstenpunkt selbst, zu dem jene Seeen des Inneren in Beziehung gesetzt wurden, ohne astronomische Grundlage, nur durch verwickelte und höchst unsichere Berechnung gefunden und gegen die ganz exorbitanten Masse des Marinus Tyrius, des grofsen Vorgängers und Vorarbeiters

1) Τὴν Ἰνδικὴν θάλατταν ὑπελθὼν καὶ ὑπὸ πᾶσαν τὴν ἐν μέσῳ γῆν ἐνεχ θεις μέχρι τῆς Ἐρυθρᾶς θαλάσσης καὶ ταύτην ὑποδραμὼν ἐπὶ θάτερον αὐτῆς ἐκδίδοται μέρος ὑπὸ (ἀπὸ τῆς σελήνης καλούμενον.

Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. XIV.

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des Ptolomaeus, auf ein annäherndes Mafs von Richtigkeit zurückgeführt werden konnte in diesem einen Punkte hatte der anonyme Verfasser des Griechischen Seekartenbuches jener Küste (periplus Maris Erythraei) schon Genaueres geleistet so musste natürlich die

ganz allgemeine Angabe von jenen Seeen und Bergen im Inneren, nach ganz unsicheren Distanzberechnungen in das täuschende Gewand mathematisch astronomischer Genauigkeit gezwengt, grofsartige Fehler erzeugen und systematisch fixiren. So hatte Ptolomaeus wahrscheinlich nur gehört, dafs es zwei Seeen im Hinterlande jener Küste gäbe, die viele Tagereisen von einander getrennt seien; und die zur Kenntnifs der Küstenbewohner gekommenen Seeen mochten auch wirklich in grofser Entfernung von einander liegen. Es konnten z. B. der östliche Baringo und der westliche Tanganyika gemeint sein, die in Wirklichkeit 9-10 Grade in der Länge aus einander liegen. Nun aber hörte Ptolomaeus auch von Schneebergen in jenem Inneren, die eben jenen Seebecken Ströme zusendeten. Ueber diese Berge aber hörte er höchst wahrscheinlich von ganz anderer Seite her, als über jene Seebecken und zwar nachträglich, als er die Seebecken schon mit dem Nil verbunden und abgehandelt hatte und das eben ist der Grund, wefshalb er sie nicht in engem Zusammenhange mit jenen erwähnt hat. Nun mochten die Nachrichten über jene Berge noch allgemeinerer Natur sein, als die über die Seebecken eingezogenen und ihre Entfernung von der Küste mochte ganz ungenau angegeben sein; da nun Ptolomaeus gar keine Kontrole über das Verhältnifs dieser Berge zu den Seeen hatte, setzte er sie nach eigener Anschauung in möglichst natürlichem Bezug zu ihnen, jeden einen in einiger Entfernung südlich von jedem der beiden Seeen. Nichts ist wahrscheinlicher, als dafs mit jenen beiden Schneebergen eben der Kenia und Kilimandjāro gemeint seien, Berge, die in bezüglich höchst geringer Entfernung von der Küste, 30-40 deutsche Meilen direkter Distanz, den Küstenbewohnern bekannt sein mufsten, selbst wenn sie nur mit den nächsten Gegenden des Inneren Verkehr hatten, da von dort aus jene Bergriesen sichtbar sind; und nun erklärt sich die Ansetzung dieser Berge, gerade im Süden der beiden Seebecken, auf das Schönste dadurch, dafs der Kenia zum Baringo wirklich in solchem Verhältnifs zu stehn scheint. Ptolomaeus hatte aber ganz unzweifelhaft nur von zwei Bergen gehört, aufser der allgemeinen Angabe, dass sie mit einander in Verbindung ständen ; da er also die Seeen 8 Grade aus einander gesetzt hatte, setzte er jene beiden Schneeberge ebenfalls ungefähr so weit aus einander (10 Grade). Das eben ist ja der Charakter der Ptolomaeischen Geographie, auf den man nicht oft genug hinweisen kann, dafs sie, auf individuelle Irrthümer basirend, in ganz subjektiver Anschauung und Berechnung

gewonnene Resultate so ohne Weiteres und ohne jeden Kommentar als sichere Daten hinstellt. Dieses so aufgebaute Schema der alten Geographie hat seine grofsen Nachtheile, aber auch, besonders in Bezug auf das nun folgende Mittelalter, seine unberechenbaren Vortheile gehabt. Denn so erhielt das zu eigener Schöpfung meist unfähige und unkritische Mittelalter ein völlig gemachtes und abgeschlossenes geographisches Ganze, an dem nun einmal nicht zu rütteln war und es war zum Theil eben der blinde Glaube an die unfehlbare Genauigkeit dieses Erdbildes, das durch die in ihr dem Asiatischen Kontinent gegebene, um hunderte von Meilen zu grofse, östliche Erstreckung und somit zu grofse Annäherung an Europa zu jener westlichen Fahrt des Columbus, dem reichen Cipango (Djepen - go) entgegen, führte.

So batte also Ptolomaeus um die Mitte des 2. Jahrhunderts p. Chr. die Hauptzüge des Quellgebietes des Nils völlig richtig und naturgetreu erfasst: zwei hervorragende Schneekuppen, die er sich wahrscheinlich durch quellenreichen Gebirgskamm verbunden dachte, und zwei (mehrere) den ununterbrochenen Wasserstrom nährende Seebecken; denn ohne solche Bassins würden die equatorialen und tropischen Regengüsse den Nil eben allerdings in einer Jahreszeit zu einem ungeheuren Strom machen, in der anderen aber zu einem unbedeutenden und fast unterbrochenen Rinnsal zusammenschrumpfen lassen. Nichts aber ist, wie gesagt, erklärlicher und wird durch unzählige ähnliche Beispiele in der Geschichte der Entdeckungen mehr beleuchtet, als dass die schon einmal gewonnene richtige Anschauung, selbst in einem weltberühmten Hauptbuch verzeichnet, bei der grofsen Menge ignorirt und vergessen werden konnte. Vergegenwärtigen wir uns nur den Charakter dieses eben so schwierigen, wie überaus trockenen und wahrhaft abschreckenden Buches; wie Wenige giebt es, selbst zu unserer Zeit, wo wir handliche Ausgaben dieses Schriftstellers besitzen, die ihn auch nur theilweise wirklich aufmerksam durchgearbeitet haben. Und nun halten wir fest, dafs bald nach der Zeit des Ptolomaeus Ordnung und Macht in Egypten verfiel, während über die Länder jenseits der Katarakten vollkommenste Barbarei hereinbrach, die Alles in Eine Nacht der Unwissenheit und Unkenntnifs hüllte. Und was war einer klaren Naturanschauung feindlicher, als jene Zeit der hyper-christlichen geistigen Verfinsterung, wo der Mensch nicht klar sehn wollte, selbst da, wo die Natur ihm helle Fackeln des Lichtes angezündet hatte? Auch wurden, während die den Nil speisenden Seebecken des Ptolomaeus das ganze Mittelalter hindurch, besonders in den Berichten und Karten der Portugiesen eine Hauptrolle spielen und unter verschiedenen Namensformen wiederkehren, Zambre (Sámbiro), Zembre, Zaire, Zafflan, Marawi u. s. w., jene beiden Schneeberge nicht ganz verges

sen; wie z. B. Lopez und Pigafetta ihre alt-klassische Berühmtheit ausdrücklich hervorheben (Purchas, Pilgrims b. VII ch. 4 § 8).

Gehen wir jetzt von dieser richtigen, aber auf unsicherer Basis erlangten und für das folgende Zeitalter unfruchtbar gebliebenen alten Erkenntniss über zu der neuen ruhmvollen Entdeckung, die nun auch ihrerseits in diesem früher unbelebt gebliebenen Afrikanischen Festlande das hellste Licht wahrer, lebendiger Naturerkenntnifs zur Erfrischung des menschlichen Geistes, wie auch hoffentlich im Fortschritt der Zeit zu materieller Förderung menschlicher Interessen anzünden soll. Der bis jetzt vorliegende Bericht aber ist nur ganz allgemeiner Natur und enthält, selbst so wie er ist, eine grofse Lücke, indem ein ansehnlicher Theil des Tagebuches der Reise, nämlich der Theil derselben vom Aufbruch der Herren Speke und Grant von Kazeh nach Norden (September 30, 1861) bis zu ihrem Aufbruch von der Hauptstadt des Königreiches Karágue (Januar 1, 1862) nicht in die Hände des Präsidenten der Londoner Geographischen Gesellschaft gelangt war. Die Reisenden hatten nämlich den Bericht über jenen Abschnitt ihrer Reise, eben von jener Stadt aus, auf demselben Wege, auf dem sie gekommen, über Zanzibar, geschickt und ist er entweder verloren gegangen oder wenigstens bis jetzt noch nicht angekommen. Leider enthielt auch jener Bericht eine Beschreibung des Landes Karágue, gewifs eine der glänzendsten Perlen dieser ganzen Entdeckung, und müssen wir uns defshalb zur vorläufigen Ergänzung dieser Lücke an die im ersten Reisebericht (Journal of the R. Geogr. Soc. vol. XXIX ch. X the Northern kingdoms: Karagwah, Uganda, and Unyoro") mitgetheilten allgemeinen Nachrichten halten.

Schon bei früherer Gelegenheit habe ich dieser Gesellschaft mitgetheilt, wie die Reisenden im Anfang keineswegs vom Glücke begünstigt waren, indem sie, anstatt, wie sie geglaubt hatten, das von Speke auf seiner ersten Reise glücklich erreichte Südende des Sees Ukerewe oder, wie der Engländer es getauft hat, Victoria Nyanza, ohne Weiteres zu erreichen, in dem von Kriegs- und Hungersnoth geplagten Lande, fast ein ganzes Jahr hindurch mit der gröfsten Noth kämpfen mussten und fast ihre ganze, über 120 Mann zählende, Begleitung durch Desertion oder Tod einbüfsten. Aber glücklicher Weise hatten sie, als Engländer, eine starke Vertretung hinter sich, wie sie Deutschen Reisenden so vollständig abgeht, und, wie ich an früherer Stelle dieser Zeitschrift berichtet habe (Bd. XIII. S. 440), ging ihnen schon am 11. August 1861 von Zanzibar aus neue Mannschaft mit bedeutenden Mitteln nach. So hat sich denn die, eben an jener Stelle nach der Andeutung des dort in der Nähe befindlichen Herrn von der Decken, von mir ausgesprochene Hoffnung, dafs Speke nun nach den so gemachten

Erfahrungen gute Aussicht habe, sein Ziel zu erreichen, in schönster Weise erfüllt. Denn schon gleich nach Ankunft jener Hülfe (Ende September 1861) waren die Reisenden in den Stand gesetzt, Kazeh in Unianyembe, den Knotenpunkt der westlich und nördlich führenden Karawanenstrafsen, zu verlassen und nun direkt dem nördlichen Seebecken entgegenzurücken. Denn es war der, wie ihr Erfolg und die von dem Herrn von der Decken gemachte traurige Erfahrung beweist, wohlbegründete Plan der Reisenden, die wild kriegerischen und abgeschlossenen Stämme der Masai und Wakuāfi (the country of the warlike Masai race, through which no traveller can now make way), die auf dem geraden Wege von Zanzibar nach dem Ukerewe sitzen, zwischen letzterem und dem Kilimandjaro, zu umgehn, und defshalb nahmen sie den grofsen südwestlichen Umweg. Ihr Plan erlaubte ihnen diese Umgehung, währned des Herrn von der Decken Absicht, eben jenen unvergleichlich interessanten Gebirgsknoten des Kenia und Kilimandjāro in seiner Gesammtheit zu erforschen, ihm gebot, Alles zu versuchen, sich Zugang eben in das Gebiet jener Stämme zu verschaffen; und, wenn ihn diese wilden Horden zum ersten Male sehr unfreundlich, ja entschieden feindlich mit gewaffneter Hand zurückgewiesen haben, so ist die Frage, ob sie, wenn es ihm möglich wäre, besser sekundirt, einen zweiten

Versuch zu machen, ihm nicht Zutritt gewähren würden.

Doch zurück zu den Herren Speke und Grant! Genug, nach einer höchst günstigen Aufnahme 1) bei Rumanika S. Ndagara's, dem Herrscher von Karágue, und mit trefflichen Empfehlungen von demselben an seinen mächtigen Nachbar und Lehnsherrn, Mtesa, den Herrscher von Uganda, versehen, verliefsen sie am 1. Januar 1862 die Residenz des Ersteren und wandten sich in nicht grofser Entfernung vom Westufer des Sees (Nyanza) Ukeréwe, nach N., oder vielmehr NNO. Ueber die genaue Lage von Kibuga, der Hauptstadt von Uganda, sind wir noch nicht unterrichtet (sie wurde nach den Erkundigungen der ersten Reise in 0° 10' S. Br. angesetzt), auch nicht über das Einzelne ihres Aufenthaltes daselbst; nur das wissen wir, dafs sie den Despotismus erträglicher fanden, als ihn Speke sich (nach den auf seiner ersten Reise eingezogenen Erkundigungen) gedacht hatte. Die Aufnahme war in so fern jedenfalls glänzend, als sie, wenn auch ungleich länger als angenehm zurückgehalten, doch ihren Hauptzweck erreichten und besonders so weit ostwärts am nördlichen Ufer des Sees vordringen konnten, dafs sie sich überzeugten, es entfliesse dem See nach N., neben vielen kleineren Nebenarmen ein ansehnlicher Strom, hier Ki-vira

1) Eine solche war nach den auf der ersten Reise eingezogenen Erkundigungen den Reisenden auf das Bestimmteste von den Arabern vorausgesagt (Report p. 288).

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