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beruhigt: That paleness warms my grave (XL 4); er verlangt dieselbe völlige Hingebung wie der Dichter des Sonettes: I cry you mercy.

Wir sehen beide Liebende ganz ineinander aufgehend, sich mit Leib und Seele einander hingebend; die Liebe wird zum ausschließlichen, völligen, gegenseitigen Besitzen, eine unüberwindliche, nichts neben sich duldende Leidenschaft, eine Naturgewalt, die den Menschen ins Unglück und zum Aufgeben seiner selbst zwingt.

Bezeichnend für Keats sind bei seiner Behandlung der Liebe die Abweichungen von Boccaccio. Paine (Keats' Works, ed. by Forman, Library Edition 4 vols. Vol. II, Appendix III) gibt den betreffenden Abschnitt folgendermaßen:

„Lorenzo... was very comely and agreeable of person; wherefore Isabella being often in his company, it befell that he began strangely to please her (von ihr geht also der Anlaß aus und entsprechend den damaligen Gewohnheiten scheint sie es auch gezeigt zu haben), of which Lorenzo taking note, at one time and another, he in like manner, leaving his other loves, began to turn his thoughts to her; and so went on the affair, that each being alike pleasing to the other, it was no great while before taking assurance, they wrought that which each of them most desired."

Also die Charaktere der Liebenden sowohl als auch die Art der Liebe selbst verändert: Isabella, die vornehme, reiche, junge Italienerin der Renaissance, die Gefallen an dem jungen Gehilfen ihrer Brüder findet, wird zu einem englischen Mädchen, die nur aus Sorge um den Geliebten endlich spricht. Und Lorenzo, der bei Boccaccio erst seine andern Liebschaften aufgeben muß, nachdem er einmal seine Gedanken auf Isabella gerichtet hat, ist bei Keats ein schüchterner, wenn auch glühender Liebhaber, der sich stumm verzehrt.

Auch muß Keats die Brüder zu unglaublich niederträchtigen Schuften machen, um den Mord glaubhaft erscheinen zu lassen, da er es verschmäht, Boccaccios Motiv anzudeuten. Dort nämlich sieht einer der Brüder Isabella nachts zu Lorenzo schleichen und die beleidigte Familienehre bietet Grund genug zum heimlichen Mord des Schuldigen. Auch glaubt bei Boccaccio Isabella nicht sofort an den Traum; sie gräbt zum Teil auch deshalb nach, weil sie von der Wahrheit der Erscheinung Lorenzos noch nicht ganz überzeugt ist - ein Zug, der bei der Keatsschen Heldin unmöglich wäre.

Die romantische Geschichte hat einen Künstler aus dem Kreis der Keatsbegeisterten und ihm wesensverwandten Präraphaeliten zu einem Gemälde angeregt: John Everett Millais malte ein Gastmahl, wo Lorenzo und Isabella einander gegenübersitzen; Lorenzo trägt Keats' Züge, von stummer Leidenschaft verzehrt.

In The Eve of St. Agnes ist die Liebe, obwohl glücklich und von kühner Tat begleitet, ebensowenig frei von der schmerzhaften, körperlichen Empfindung der Schwäche, so z. B. XVI 1–3:

Sudden a thought came like a full-blown rose,
Flushing his brow, and in his pained heart
Made purple riot;

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So woeful and of such deep sorrowing

und vor allem die Beschreibung Madelines XXIII 6-9:

But to her heart, her heart was voluble,
Paining with eloquence her balmy side;

As though a tongueless nightingale should swell
Her throat in vain, and die, heart-stifled, in her dell.

So wird Porphyro schwach, als Madeline niederkniet und betet; sein Arm wird unnerved genannt, als er die

Geliebte wecken will; er beschwört Madeline, zu erwachen:

„Or I shall drowse beside thee, so my soul doth ache"

(XXXI 9.)

und er kniet neben ihr, pallid, chill and drear.

In dem harmonischen Zauber, dem Traumhaften der ganzen Dichtung findet auch diese Liebe eine gewisse Rechtfertigung. Leigh Hunt (Works ed. Forman, Library Edition II, App. II) tadelt diese Schwächlichkeit und nennt sie krankhaft (morbid); er entschuldigt sie mit Keats' schwacher Gesundheit, aber vielen Zeitgenossen konnte diese Art der Liebe durchaus echt erscheinen, wie sie ja für manche Charaktere immer echt sein wird. Richardsons Zeit war noch nicht ganz vorbei, wenn auch die des Chevalier de Grammont.

In einem eigentümlichen Licht erscheint die Liebe in Lamia. Die Schlange, die von Hermes Menschengestalt erlangt hat, ist

in the lore

Of love deep learned to the red heart's core;

Not one hour old, yet of sciential brain

To unperplex bliss from its neighbour pain;
Define their pettish limits and estrange
Their point of contact.

(Lamia I 190-195.)

Mit allen Mitteln der Liebestaktik sucht sie Lycius an sich zu fesseln, und da sie von vollendeter Schönheit ist, muß es ihr auch gelingen. Es ist dieselbe schmelzende Leidenschaft, die Keats sonst schildert und auch erlebt, die ihn ausrufen läßt:

Thy memory will waste me to a shade;
For pity do not melt . . .

(Lamia I 270.)

und die schließlich sein Ende herbeiführt.

Ein gewisser Gegensatz zu Endymion liegt in den Versen, in denen der Dichter die Bezauberung des Lycius durch Lamia schildert und den Rossetti dem Drydenschen Einfluß zuschreiben will:

Let the mad poets say whate'er they please
Of the sweets of Fairies, Peris, Goddesses,
There is not such a treat among them all,
Hunters of cavern, lake and waterfall,
As a real woman, lineal indeed
From Pyrrha's pebbles or old Adam's seed.
Thus gentle Lamia judged, and judged aright,
That Lycius could not love in half a fright,
So threw the goddess off, and won his heart
More pleasantly by playing woman's part,
With no more awe than what her beauty gave.

(I 330-341.)

Im allgemeinen ist es stets die Übermacht des Gefühls, die körperlich und seelisch lähmt; der Wille erscheint nur als ein verzehrend sehnsüchtiger Wunsch; die Funktionen des Denkens, Reflektierens, Handelns sind völlig ausgelöscht gegenüber der unentrinnbaren Heftigkeit des Fühlens. Die deutlichste Darstellung dieser Liebe finden wir in seiner eigenen Liebe und betrachten darum nun

des Dichters Liebesleben.

Die Briefe an Fanny Brawne und die Gedichte jener Zeit erlauben uns, die tragische Geschichte seiner Leidenschaft Schritt für Schritt zu verfolgen.

Im Dezember 1818 hatte Keats Fanny Brawne kennen gelernt. Seine Freunde scheinen sie für keineswegs seiner wert gehalten zu haben, obgleich sie hübsch, freundlich und anhänglich war. Mit größter Wahrscheinlichkeit bezieht sich auf sie die folgende Schilderung, die Keats seinem Bruder von ihr entwirft (Complete Works IV 197): „She is about my height, with

a fine style of countenance of the lengthened sort; she wants sentiment in every feature, she manages to make her hair look well; her nostrils are very fine, though a little painful : her mouth is bad and good; her profile is better than her full face, which indeed is not full, but pale and thin, without showing any bone, her shape is very graceful, and so are her movements; her arms are good, her hands badish, her feet tolerable. She is not seventeen, but she is ignorant; monstrous in her behaviour, flying out in all directions, calling people such names that I was forced lately to make use of the term Minx: this is, I think, from no innate vice, but from a penchant she has for acting stylishly."

Forman bemerkt zu dieser Stelle, daß sich ein gewisses Gefühl des Ärgers in diese Schilderung einschleicht, des Ärgers darüber, daß er empfand, wie er ihr gegenüber seine Freiheit verlor.

In einem andern Brief an seinen Bruder, nur wenig früher geschrieben (Complete Works IV 193) taucht Miss Brawne zum erstenmal in seiner Korrespondenz auf. Da heißt es: Mrs. Brawne who took Brown's house for the Summer still resides in Hampstead - she is a very nice woman and her daughter senior is I think beautiful and elegant, graceful, silly, fashionable and strange - we have a little tiff now and then -- and she behaves a little better, or I must have sheered off."

Fanny Brawne war die Tochter einer Witwe mit einem kleinen Vermögen. Sie war die Älteste, und als Keats sie zuerst sah, neunzehn und nicht siebzehn Jahre alt. Sie hatte noch einen Bruder Samuel und eine Schwester Margarete. Während Brown mit Keats in Schottland war, hatte Mrs. Brawne mit ihren Kindern sein Haus bewohnt und so waren sie mit Dilkes, die nebenan wohnten, bekannt geworden. Bei Dilkes traf Miss Brawne mit Keats zusammen. Wie die angeführte

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