düsteres Brüten, das seine Sinne gefangen nimmt. Seine Schwester Peona muß ihn erst ins Leben zurückrufen und erst auf ihre liebevolle Aufforderung erzählt er von der ersten Begegnung mit der göttlichen Unbekannten. Und noch oft, im Verlauf der Erzählung, schwinden ihm die Sinne, sobald die Empfindung stark wird. Da diese Liebe nur als eine Zustand gewordene körperliche Empfindung geschildert wird, obwohl sie etwas Symbolisches haben soll, liegt in der Oberflächlichkeit, mit der Keats sie darstellt, mitunter etwas Verletzendes. Man vergleiche z. B. Stellen aus dem zweiten Buche des Endymion, die Schilderung des Wiederfindens unter der Erde, mit der Liebesszene in Shelleys Laon and Cythna. Man möchte beinahe sagen, daß Keats hier nur den unwürdigsten Teil der Liebe zu kennen scheint: ... and just into the air Stretching his indolent arms, he took, O bliss! A naked waist... (Endymion II 711-713.) A well-known voice sighed, „Sweetest, here am I!“ (II 714-716.) Alles ist weich, süß, unaussprechlich, und als die göttliche Unbekannte anfängt zu reden, wird es unerträglich. Wäre es nicht so kindisch, man möchte es widerlich nennen, wie oberflächlich und zugleich schwächlich die Motive sind, die die Göttin leiten. And wherefore so asham'd? 'Tis but to atone With thee into the ken of heavenly powers, Beiträge zur neueren Literaturgeschichte. I, 2. 3 Auch die Liebe zwischen Arethusa und Alpheus, die am Ende des zweiten Buches geschildert wird, ist nicht frei von einer gewissen halben Sinnlichkeit und das Widerstreben der Arethusa wirkt wie die pikante Ziererei der Rokokodämchen, wenn sie selbst bittet: in mercy then away, Kindest Alpheus, for should I obey My own dear will, 'twould be a deadly bane. Of mine was once made perfect in these woods. But ever since I heedlessly did lave 1n thy deceitful stream, a panting glow Grew strong within me: wherefore serve me so, Und was verlangt Alpheus? O that I (II 965-972.) Were rippling round her dainty fairness now, To linger on her lilly shoulders, warm (II 938-948.) Welch raffinierte ästhetisch-sinnliche Empfindung gegenüber der entsprechenden Stelle in Laon and Cythna mit ihrer gewaltigen, echten Leidenschaft zweier Vollmenschen: The Meteor to its far morass returned: The beating of our veins one interval Made still: and then I felt the blood that burned Within her frame, mingle with mine, and fall Around my heart like fire: and over all A mist was spread, the sickness of a deep And speechless swoon of joy, as might befall In union from the earth's obscure and fading sleep... (Laon and Cythna VI 34 seq.) Bei Keats ist die Liebe etwas Schönes, sehnlichst Begehrtes, aber als nicht recht erlaubt Empfundenes, bei Shelley ist sie etwas Heiliges, die Erfüllung des ganzen Wesens und zwar eines Wesens, das auch seine intellektuellen Ansprüche nicht deswegen aufgibt oder zeitweise suspendiert, sondern auch seine höchsten Regungen in der Liebe zu verwirklichen sucht. Freilich soll die Liebe Endymions noch ein übersinnliches Moment enthalten Luna ist nicht nur die Geliebte, sondern auch das Ideal der Schönheit. Unter ihrem Bilde verbirgt sich das Symbol dessen, was das unendliche Ziel des Dichters bildete, und hier berührt sich der Idee nach, wenn auch nicht in der Darstellung Keats am nächsten mit Shelley und dessen Ideal der „intellectual beauty", oder, wie Keats es ausdrückt: „I have loved the principle of beauty in all things“ (Letters to Fanny Brawne. Complete Works V 156). Nur in beseligten Augenblicken offenbart sich diese Schönheit in traumhafter Vision; aber die Seele, die einmal diese Seligkeit empfunden, ist seitdem blind für die andern Aufgaben des Lebens, sie verzehrt sich in dieser Leidenschaft nach dem Ideal, bis sie endlich nach langem, geduldigem Suchen und schweren Prüfungen des Besitzes dieser Schönheit würdig gefunden wird. In Isabella folgt Keats der Erzählung des Boccaccio (Decamerone, Giornata IV 5). Im April 1818 war seine Isabella beendet, also vor seiner Bekanntschaft mit Miß Brawne. Aber die Art, wie er hier die Liebe schildert, verrät ebenso die verhängnisvolle Anlage zu derjenigen Art der Liebe, die seinem Temperament entsprach und deren ganzes Unglück er durchkosten sollte. Isabella und Lorenzo müssen sich lieben: They could not in the self-same mansion dwell (I 3-4.) denn sie sind beide jung und schön. Und worin besteht diese Liebe? They could not sure, beneath the same roof sleep (I 4-8.) Überallhin begleitet die körperlich lebendige Vorstellung des Geliebten den Liebenden; Isabella hört beständig Lorenzos Stimme in ihrer Träumerei: ... his continual voice was pleasanter To her than noise of trees or hidden rill. (II 5-6.) Lorenzo sieht sie beständig vor sich; er empfindet ihre Gegenwart schon, wenn ihre Hand die Türklinke berührtes ist ein völliges Hingegeben sein an eine einzige, alles erfüllende Anschauung, die der lebendigen Gegenwart möglichst nahe kommen soll und das physische Gefühl der Nähe des Geliebten in hohem Grade wachruft. - Aber dieser Zustand ist traurig und macht die Wangen der Liebenden blaß die Liebe ist ein Leiden, weil sie die Persönlichkeit nicht erhöht, sondern aus ihrem eigenen Zentrum herausreißt und einer fremden Macht unterwirft. Nur die Sorge um Isabella bringt Lorenzo zu dem Entschluß, ihr seine Liebe zu offenbaren, aber er ist zu schwach, um seinen Entschluß auszuführen: His heart beat awfully against his side; And to his heart he inwardly did pray For power to speak, but still the ruddy tide (XI 2-5.) Seine Leidenschaft macht ihn zugleich wild und schwach, der Körper leidet ebenso wie die Seele und verzehrt wie sie seine Kraft. In Isabella hingegen besiegt die Angst um Lorenzo die Scheu; mit frauenhafter Sorgfalt hat sie ihn beobachtet und flüstert zärtlich seinen Namen. Nun ist der Bann gelöst, Lorenzos vorher schüchterne Lippen werden kühn große Seligkeit kommt über sie. Sie trennen sich, aber sie fühlen sich leicht parting they seem to tread upon the air (X 1); sie singt ein Liebesliedchen vor sich hin; er trägt seine Freude in die Natur hinaus und genießt in Gedanken an sie einen schönen Sonnenuntergang. Aber auch erwidert macht diese Liebe nicht glücklich, denn es liegt in ihrer Natur, daß mit ihrer Seligkeit auch ihre Bitterkeit wächst there is richest juice in poison flowers. (XIII, 8.) Lorenzo kann Isabella kaum verlassen, so willenlos unterliegt er ihrem Reiz. Als Isabellas Brüder ihn auffordern, drei Meilen weit mit ihnen in den Apennin zu reiten, kann er sich kaum von ihr trennen; bei jedem dritten Schritt hält er an, bis er ihr hat Lebewohl sagen können. Sie aber singt fröhlich und ohne ein böses Vorgefühl, nachdem er sie verlassen. Beide sind in ihrer naiven Leidenschaft nicht frei von Selbstsucht, die Keats nah verwandt mit der Liebe nennt Selfishness, Love's Cousin (XXXI 1), bei dem hereinbrechenden Unglück trauert Isabella zuerst mehr um die goldenen Stunden, die ihr nun entgehen, dann erst spricht das Mitleid für den allen Gefahren der Reise ausgesetzten Lorenzo. Aber schließlich würde sie wie eine Pflanze ohne Sonne hinsterben ohne ihn drowsy ignorance; Lorenzos Erscheinung weckt sie nur aus diesem langsamen Tod, um ihr Ende zu beschleunigen. Er dagegen bekennt, daß ihre Trauer ihn in |