Mit Vorliebe wählt Keats auch seine Bilder aus dieser Sphäre: rocks that seemed Ever as if just rising from a sleep. (Hyperion, II 10.) Als echter Künstler vermeidet Keats jedoch stets das Schauerliche, das sich hier so leicht einschleicht; selbst die Erscheinung Lorenzos hat trotz ihrer entsetzlichen Ursache nicht das Ekelerregende des Gespensterhaften: Its eyes, though wild, were still all dewy bright (Isabella, XXXVII 1—3.) Der Schlaf in der Natur mit seinem geheimnisvollen Reiz redet zu uns aus dem Vergleich: As when, upon a tranced summer night, Schon im Endymion schildert er die poetische Bedeutung des Schlafes: O magic sleep! O comfortable bird, That broodest o'er the troubled sea of the mind Till it is hushed and smoothed. O unconfined To golden palaces, strange minstrelsy, Fountains grotesque, new trees, bespangled caves, And moonlight; aye, to all the mazy world (Endymion 453-461.) Schöner ist der Schlaf aber wohl selten geschildert worden als in dem Sonett: O soft embalmer of the still midnight, Shutting, with careful fingers and benign, Our gloom-pleased eyes, embowered from the light, mit dem unübertrefflich ausklingenden Schluß: Turn the key deftly in the oiled wards, (Complete Works III 10 u. 11.) Wie den Traum, wo die Nervenerregungen wesentlich von innen kommen, liebt Keats auch die verwandten Zustände des leisen Rausches, der Mattigkeit, der krankhaften Erregbarkeit. So sagt auch Brandes (Hauptströmungen S. 158): „Der Ausgangspunkt in den schönsten seiner kleineren Gedichte (wie in der Ode an eine Nachtigall) ist die Schilderung eines rein körperlichen Zustandes, wie Mattigkeit, Nervosität, Opiumsschläfrigkeit, Durst, Verschmachten; auf diesem Hintergrunde der Sensibilität erheben sich dann die Sinnenbilder . . . 66 So der eben erwähnte Eingang der Ode to a Nightingale: My heart aches, and a drowsy numbness pains So in der Ode on Indolence II 5-10: Ripe was the drowsy hour; The blissful cloud of summer-indolence Benumb'd my eyes: my pulse grew less and less; Unhaunted quite of all but nothingness? Bei einem seiner schönsten Sonette gibt er es selbst zu, daß es einem Traum seinen Ursprung verdankt, es ist das Sonett: A Dream, after reading Dante's Episode „The fifth canto it is that one in of Paolo and Francesca. Die darauf bezügliche Brief- As Hermes once took to his feathers light So play'd, so charm'd, so conquer'd, so bereft And seeing it asleep, so fled away: Not to pure Ida with its snow cold skies, Where in the gust, the whirlwind and the flaw Their sorrows. Pale were the sweet lips I saw, O that So schön das einleitende Bild ist, so wenig gibt das Sonett, wie Keats selber sagt, dasjenige wieder, was der Dichter in dem Traume fühlte; nur die letzten Zeilen sind dem eigentlichen Traum gewidmet und so melodisch sie klingen, drücken sie die in dem Brief geschilderte eigentümliche Stimmung nur sehr unvoll kommen aus. Es ist das physiologische Moment des Träumens, die gleichsam körperliche Stimmung, deren poetischen Wert Keats zu erfassen sucht nicht die Symbolik der Nachtstimmung und des Traumes: ihm ist der Traum die Weiterbildung, die Verfeinerung eines einheitlich empfundenen Ich, kein Bruch mit allem Irdischen, kein Hineinragen einer Welt, in der das körperliche Ich verschwindet. Im Traum reist seine Seele und erweitert den Umkreis der Empfindungsmöglichkeiten sie tritt nicht staunend in eine neue Welt, die zugleich ihre wahre Heimat ist und wo süße Melodien den Sinn der Symbole deuten, in denen unser sonstiges Leben beschlossen scheint. Wie grundverschieden ist das Erleben in Keats' Sonett: Why did I laugh to night? und z. B. Novalis dritter Hymne an die Nacht, die mit wesentlich abstrakten Begriffen operiert: „Einst, da ich bittre Tränen vergoß, da in Schmerz aufgelöst meine Hoffnung zerrann, und ich einsam stand am dürren Hügel, der im engen, dunkeln Raum die Gestalt meines Lebens barg; einsam, wie noch kein Einsamer war, von unsäglicher Angst getrieben, kraftlos, nur ein Gedanke des Elends noch: wie ich da nach Hilfe umherschaute, vorwärts nicht konnte und rückwärts nicht, und am fliehenden, verloschnen Leben mit unendlicher Sehnsucht hing: da kam aus blauen Fernen, von den Höhen meiner alten Seligkeit ein Dämmerungsschauer, und mit einemmal riß das Band der Geburt des Lichtes Fessel. Hin floh die irdische Herrlichkeit, und meine Trauer mit ihr, zusammen floß die Wehmut in eine neue unergründliche Welt; du Nachbegeisterung, Schlummer des Himmels kamst über mich“, usw. Wie Keats dem deutschen Romantiker an Gedankentiefe, an Erfassen der Lebenszusammenhänge nachstand, so dieser ihm an plastischer Gestaltungskraft, an künstlerischer Schärfe der Zeichnung. Statt des stimmungsvollen Bildes gibt Novalis uns stimmungsvolle Begriffe, statt der direkten Empfindung eines Zustandes den Namen desselben wie Hoffnung, Wehmut usw. In dem unmittelbar zu uns sprechenden Sonette: Bright star, would I were steadfast as thou art kommt die Reizbarkeit des durch den Schlaf gelösten Empfindens, die erhöhte Empfänglichkeit für Stimmungswerte, denen der Träumende oder Halbschlafende preisgegeben ist, mit magischer Kraft in vollster poetischer Reife und ohne jedes Nachlassen zur Geltung. Die nachtwandlerische Sicherheit in der Beherrschung der Form verkündet die echte Begabung und Schöpferkraft innerhalb seiner Grenzen. Hier gilt von seiner Dichtung, was er an Keans Skakespeare - Darstellung lobt (Compl. Works III 231): Kean delivers himself up to the instant feeling, without a shadow of a thought about anything else. He feels his being as deeply as Wordsworth, or any other of our intellectual monopolists.“ Die verhängnisvolle Fähigkeit, alles Wahrnehmen, Wünschen, Wollen als einen körperlich tief empfundenen Zustand seines ganzen Wesens zu erleben, zeigt sich auch in Keats' Schilderung der Liebe. Fast alle Kritiker haben Keats die leidenschaftliche Schwäche seiner verliebten Helden und Heldinnen vorgeworfen, und allerdings verlieren diese Jünglinge immerzu das Bewußtsein, sobald eine kleine Krisis ihres Liebeslebens eintritt. Untersuchen wir zunächst, wie er die Liebe in seinen Werken darstellt. Mit Ausnahme des Hyperion behandeln alle seine Erzählungen die Liebe: die romantische, übermenschliche Liebe im Endymion, die glückliche Liebe in The Eve of St. Agnes, die Liebestragödie in Isabella und Lamia. Endymion welkt dahin, seit er die Liebe kennt. Während das Fest des Pan zu mancher Belustigung Anlaß gibt und in allgemeiner Heiterkeit ein jeder seine Erlebnisse und Wünsche erzählt, versinkt er in |