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der Regierung streng bewacht und in Zucht gehalten werden. Jeder Fremde mufs an der Grenze einen Pass nehmen, der ungefähr 11⁄2 Thaler kostet, und mit diesem kann er dann sicher überall reisen.

Der Religion nach ist nur ein kleiner Theil der Bevölkerung islamitisch, die meisten bewahren noch die Gebräuche des alten vormuhammedanischen Gottesdienstes, indem sie zur Sonne beten, Todtenopfer bringen und heilige Haine besuchen. Indessen erkennen und verehren sie ein einziges höchstes Wesen.

Die Kameele und Pferde sind sehr gut, und werden beide zahlreich exportirt; die Pferde gewöhnlich unter dem Namen der NedjedPferde, denen sie indessen an Güte nachstehen.

Das Reich der Wahhabiten oder von Nedjed, südlich von Schomer, wird von der alten Familie von Ebn-Sa'ûd regiert, und hat, nachdem es früher von Ibrahim Pascha vernichtet war, jetzt seine alte Stärke wiedergewonnen. Es umfafst das eigentliche Central-Arabien von dem Persischen Golf bis an die Grenzen von Mekka und Yemen.

Die Regierung ist eine absolut monarchische, und zwar eine überaus centralisirte. Die ursprünglichen Häuptlinge der Provinzen sind alle unterjocht, getödtet oder vertrieben worden, und werden jetzt ganz nach der Weise des alten Römischen Reichs durch Präfekten ersetzt. Diese Präfekten sind aber nicht selten Sklaven des Palastes.

In innigem Zusammenhange mit diesem politischen steht der religiöse Absolutismus. Die Wahhabiten sind strenge Koranisten, und betrachten einen jeden Andersgläubigen als einen Ketzer oder Heiden. Schwören oder Anrufen eines jeden erschaffenen Wesens (Muhammed selbst nicht ausgenommen), ja Verbindung eines menschlichen Namens mit demjenigen Gottes, gilt für Todes -Verbrechen. Für eine eben solche Kapital - Sünde gilt Tabakrauchen. So war der frühere erste Minister des Reiches wegen Verletzung dieser Vorschrift in Betreff des Tabakrauchens, an der Thür des Palastes selbst thatsächlich zu Tode geprügelt worden. Mit Prügeln wird auch jeder bestraft, der Seide oder Goldschmuck trägt, der eins der fünf täglichen Gebete in der Moschee versäumt, der nach Anbruch der Nacht noch in seinem Hause spricht oder Licht hat, der auf einem Instrumente spielt, und ähnliche Vergehen dieser Art. Ehebruch und Diebstahl dagegen gelten für geringere Vergehen. Die Folge von allem diesen ist, dafs es bei den Wahhabiten viel Religionsübungen, noch mehr Heuchelei und sehr wenig Sittlichkeit giebt.

Die Stützen dieses religiösen Systems sind die sogenannten „Mutawwa'as“, d. h. die zum göttlichen Gehorsam Zwingenden, eine Art Muhammedanischer Geistlichen, die das Land überschwemmen; und aufserdem die „Mudda'iya" oder Zeloten, ein eigenthümlicher

geheimer Rath, hestehend aus 22 Männern, deren Amt, ähnlich dem der Römischen Censoren, darin besteht, Unglauben und Unsittlichkeit zu unterdrücken, die Gesellschaft im Namen der Regierung zu beobachten und die Regierung in aller Weise heimlich zu unterstützen. Der geheime Rath datirt von der Zeit der Cholera im Jahre 1855. Das Kabinet des Fürsten besteht jetzt theils aus diesem geheimen Rathe, theils aus zwei Ministern für das Innere und Auswärtige, einem Schatzmeister (der ein Neger ist), und endlich dem Kadi oder Oberrichter der Hauptstadt. Der gegenwärtige Kadi, 'Abd-el-Latif, ist ein Grofsenkel des ersten Wahhabi und ein sehr kluger und gefährlicher Mann. Der Kabinetsrath versammelt sich wöchentlich zweimal in Gegenwart des Sultans.

Der Despotismus dieser Herrschaft ist nicht ohne Opposition geblieben, und die Partei der Unzufriedenen ist besonders stark in den Provinzen Kaşîm und Ḥaşa. Die Beduinen sind hier vollkommen unterdrückt.

Die gesammte Bevölkerung beläuft sich nach den von mir eingesehenen Musterrollen des Palastes auf 1,700,000 Seelen. Das Heer ist ungefähr 60,000 Mann stark. Die Einwohner des ganzen Reiches ihrer Religion und Politik nach sind kaum zur Hälfte Wahhabiten; die Andern nur gezwungener Weise.

Das eigentliche Wahhabitenland ist das Hochland, das sich unfähr 1500-3000 Fufs über das Meer erhebt. Der Boden ist fast durchgängig fruchtbar und theils Weide, theils Ackerland. Am fruchtbarsten sind die vielen Thäler, die das Plateau überall durchschneiden, und aufserdem der südliche Abhang des Gebirges mit den Provinzen 'Aared und Yemamah. Das Klima ist gesund und kühl im Winter und nicht zu heifs im Sommer, Regen fällt nur selten und in Gewitterschauern, Schnee niemals. Von ununterbrochen fliefsenden Strömen habe ich nur einen gefunden bei Djelajil in Sedeir.

Einen ganz andern klimatischen Charakter hat die ebenfalls zu dem Wahhabiten - Reiche gehörige Küsten-Landschaft Hașa. Die Luft ist hier feucht und warm, überall fliefsen die Ströme, und üppige Pflanzungen zeigen sich allenthalben. Die hiesigen Datteln sind die besten der Welt. Die Bevölkerung dieser Provinz ist betriebsam und dem Handel ergeben, besonders mit Bahrain, Persien und Indien. Von Manufacturen werden hier besonders Tuch- und Stick waaren, Goldund Silberschmuck verfertigt und ausgeführt. Auch sind die Einwohner gerade dieser Provinz ihrer eigentlichen Gesinnung nach weniger Islamiten als Karmaten. In geologischer Beziehung besteht Hasa grofsentheils aus Basaltfelsen, und verräth ihren vulcanischen Ursprung aufserdem durch viele heifse Quellen und häufige Erdbeben.

Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge Bd. XVII.

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Auch die Sprache fängt hier und schon von Riad an weniger Koranisch zu lauten, als in Schammar und Ober- Nejed, wo das reinste Arabisch gesprochen wird, und wo man auch in gewöhnlichem Gespräch alle grammatischen Endungen und Beugungen eben so genau hören läfst, als in der geschriebenen oder gepredigten Sprache. Der Styl der Dichtkunst ist in jenem nördlichen Theil von Nejed noch ganz derselbe wie der der alten Arabischen Poesie, wie wir sie z. B. aus dem Mo'allakat und der Hamasa kennen. In Ḥaşa ist der sogenannte Nabți oder Nabatäische Styl in der Poesie vorherrschend, bei dem die Verse nach dem Accente gemessen und die Reime wechselnd gebraucht werden.

Das älteste der drei von mir in Arabien durchreisten Königreiche ist jedenfalls 'Oman, dessen Bevölkerung, mit Ausnahme der Afrikanischen Besitzungen, gegen 2 Millionen beträgt, mit einer jährlichen Grund- und Handelssteuer von mehr als einer Million Pfund Sterling, während die Einkünfte von Nejed kaum ein Zehntel dieser Summe betragen. Die Fruchtbarkeit des Landes ist eben so grofs, als bei der verschiedenen Erhebung mannichfaltig; während auf den gegen 6000 Fufs hohen Bergen von Djebel Akhdar, d. h. Grünes Gebirge, der Wein wächst und gekeltert wird, wachsen in den Ebenen von Baținah die Cocos- und Betelpalme, der Mango, Papai (Carica Papaya) und das Zuckerrohr, so dafs man sich dort nach Italien, hier nach Indien versetzt glaubt. Die Regierung ist monarchisch, aber beschränkt durch vielfache locale und municipale Verfassungsgebräuche, die ein beinahe constitutionelles Gepräge tragen. Der jetzt regierende Sultan Thoweyin Ebn Sa'id ist ein schöner und kluger, aber wollüstiger Mann von ungefähr 40 Jahren; er residirt theils in Nizwah, mitten in dem Akhdar - Gebirge, theils in Seeb an der Küste in der Nähe bei Mascat. Der Adel dieses Landes rühmt sich eines 4000 jährigen Ursprunges, und wird von Ya'areb, dem Enkel Kaķtan's abgeleitet. Besonders merkwürdig ist die Religion der Bevölkerung, bestehend aus einer eigenthümlichen Mischung alter Sabäischer, später Persischer und noch später eigentlich Karmatischer Vorstellungen und Gebräuche. Einer ihrer vorherrschenden social-religiösen Gebräuche ist die weisse Tracht, nach der sie sich Biadiyyah, d. h. die Weifsen nennen; diese Tracht, sowie viele andere ihrer frei-philosophischen Vorstellungen, haben sie mit den Drusen von Libanon gemeinsam. Gegen die Fremden sind die Biaḍiyyah gütig und gastfrei, und tolerant in Bezug auf alle fremden Religionen, nur mit Ausnahme der der benachbarten Wahhabiten, mit denen sie häufig auf dem Kriegsfufse stehen. Sprache zeigt Ueberreste des ältesten Arabischen.

Ihre

So viel in Kurzem über die von mir gemachten oder wenigstens

angebahnten neuen Entdeckungen in einem Lande, das jedesfalls durch seine geographische und ethnologische Bedeutung die Theilnahme der wissenschaftlichen Welt in Anspruch nimmt. Möge diese Theilnahme auch meinem Vortrag zu Gute kommen, für dessen theils durch die Kürze der Zeit, theils durch die fremde Sprache verursachte Unvollkommenheit ich um ihre gütige Nachsicht bitte. Einen kurzen von mir zusammengestellten Auszug aus den Hauptdaten der Reisestrafse selbst, der weniger für eine mündliche Mittheilung in dieser Gesellschaft geeignet ist, habe ich direkt für Ihre Zeitschrift bestimmt.

XI.

Brief des Herrn Gerhard Rohlfs
an Herrn Dr. H. Barth.

Folgende briefliche Mittheilung des Herrn Gerhard Rohlfs leiten wir mit einigen allgemeinen Worten ein.

Wie in dem fünften Berichte der Carl Ritter-Stiftung (oben S. 76) angedeutet, beabsichtigte die hiesige Geographische Gesellschaft, von welcher ich die Ehre habe, zur Zeit den Vorsitz zu führen, Herrn Gerhard Rohlfs auf seiner von Marokko aus nach den Gegenden des Niger unternommenen Reise zu unterstützen, vorwiegend mit Rücksicht auf die grofse geographische Bedeutung des noch in seinen Gesammtzügen völlig unerforschten und doch zur ganzen Physiognomie des Mittelmeer-Beckens so aufserordentlich bedeutungsvollen Knotens des hohen und eigentlichen Atlas; denn, was man in Algerien mit Atlasketten bezeichnet, verdienen nur uneigentlich diesen Namen, da sie vielmehr die Verlängerung der Riff- oder Küstenketten Marokko's bilden. Zu diesem Zwecke sandten wir das dem Herrn Rohlfs zuerkannte Stipendium sofort, wie an der bezeichneten Stelle ebenfalls angegeben, an Sir Drummond Hay, den Engl. General - Konsul in Tanger und Minister am Hofe des Kaisers von Marokko. Diese Summe hat nun leider dem Herrn nicht mehr zum Zwecke jener Reise dienen können, da er aus Mangel an Mitteln sich von Tuāt aus nach Tripoli zurückgewandt hat. Da er bei dieser Gelegenheit, zum Theil eben um sich neue Mittel zu verschaffen, seine Vaterstadt Bremen und seine Verwandte auf kurze Zeit zu besuchen beschlofs, lud ich ihn ein, auch

unserer Gesellschaft einen Besuch abzustatten; das äusserst kalte Wetter aber erlaubte ihm bei dem Zustand der von ihm auf seiner ersten Reise empfangenen Wunden nicht, auf lange Zeit im kalten Norden zu bleiben, während zugleich die bevorstehende heifse Jahreszeit ihn zur eiligen Ausführung seiner weiteren Pläne trieb, und er konnte mir selbst nur einen kurzen eintägigen Besuch abstatten. So hatte ich wenigstens Gelegenheit, mit ihm seine weiteren Reisepläne zu besprechen. Er hatte schon Rücksprache mit Herrn Petermann in Gotha genommen und dieser hatte ihn besonders auf die Erforschung des grofsen, von Herrn Duveyrier im unteren Laufe erforschten und mit dem Niger der Alten identificirten Wadi Igharghar (s. Petermann's Mittheilungen. 1865. Heft II. S. 73. Nachschrift) hingewiesen. Gegen ein solches Unternehmen sprachen aber viele Gründe. Denn erstlich hatte sich Herr Rohlfs durch das in Tripoli erfolgte Bekanntwerden seines christlichen Charakters unter der Maske eines frommen Moslems, unter welcher er die Eingeborenen mit Erfolg getäuscht hatte, den Besuch jener Gegenden nach dem Niger zu, wo er nothwendig, wenn nicht mit denselben Menschen, so doch mit Leuten desselben Stammes zusammentreffen musste, für jeden der Verhältnisse Kundigen jene Reise unmöglich gemacht; zweitens ziehen sich längs jenes Wadis keine Verkehrsstrafsen, und die Herren Geographen in ihrem gemüthlichen Kämmerlein daheim können den Reisenden wol weise Rathschläge ertheilen, dass sie zu allererst die Flufsläufe und grofsen Thäler der unbekannten Länder erforschen müfsten; das geht nun aber einmal nicht so, wie man daheim meint. In solchen Ländern, wie Inner-Afrika und besonders unter den wilden Horden der Tuareg, kann der Forschungsreisende nicht, wie im Thüringer Walde, den Thälern ohne Weiteres nachgehen. Ohne Verkehrswege kommt er gar nicht von der Stelle oder er müfste schon Tausende zu opfern haben, um einen ganzen Stamm in seinen Sold zu nehmen. Und die Mittel des Herrn Rohlfs sind, obgleich für seine geringen Ansprüche und seine Gewöhnung an Entbehrungen keineswegs ganz unbedeutend und völlig genügend für mässige Pläne, zu solchen Vorhaben nicht ausreichend. Er hofft nämlich im Ganzen etwa 2000 Thaler zu seinem neuen Unternehmen zusammen zu bringen nämlich 300 Thlr. vom Senate der Stadt Bremen, etwa 500 Thlr. durch freiwillige Sammlungen eben daselbst, 800 Thlr. aus Gotha und 275 Thlr. endlich aus unserem kleinen Ritter-Stipendium. (Ich habe nämlich sofort die Uebermachung des Geldes von Tanger und London nach Tripoli vermittelt und nach einem Schreiben des Herrn Hay vom 13. Februar ist es schon dahin abgegangen.) Zu jenen Gründen aber, die gegen eine Wiederaufnahme jener westlichen Richtung sprachen, kam nun noch drittens, dafs der W. Igharghar den Herrn Rohlfs

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