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als zwei Jahrzehnte dem Zuwachsen durch Schuld der Elodea getrotzt haben, werden auch wohl die unsrigen und vielmehr noch die breiten Spiegel der Havelseen von diesem Schicksal nicht ernstlich bedroht sein. Vielleicht hat gerade bei uns die Elodea Oertlichkeiten gefunden, die denen ihrer amerikanischen Urheimath näher verwandt sind, als ihre ersten Ruhepunkte diesseit des Oceans und an denen sie sich daher dem Menschen unschädlicher und besser als ihr Ruf" einen freien Spielraum gestatten darf. Im tieferen Wasser der Seen und Flüsse, mögen diese breit oder schmal sein, steckt ihr die Natur selbst eine Schranke, indem sie das nie sehr in die Länge schiefsende Kraut an seichte Uferstellen festbannt. Selbst unsere meisten Wiesen- und Moorgräben werden sich, so scheint es mir, sowohl als zu tief für die Elodea, als auch durch ihr torfiges Wasser derselben wahrscheinlich antipathisch herausstellen. Wirklich hinderlich dürfte sie nur in Kanälen und an den Schleusen, dann in Hafenbassins an Landungsplätzen mit sehr flachem Grunde, vielleicht an manchen Orten für die Netzfischerei sich erweisen. Auch die Schwimmer werden sich wenig freuen, durch sie die Zahl der ihnen unliebsamen Schlingpflanzen" um eine vermehrt zu sehen. Vor Ferch, wo viel Holz verladen wird, die Kähne aber von jeher, wegen der Seichtheit des Wassers, weit draussen vor Anker gehen mussten, erschwert sie schon jetzt das Herankommen derselben noch mehr. Da wird die hölzerne Landungsbrücke, die eigentlich nur ein Steg ist, weiter seewärts hinausgerückt werden müssen. Reicht das nicht aus, so mufs die Strompolizei helfen. Durch periodisch wiederholtes Ausräumen, wie dies längst schon mit anderen Wasserkräutern in dem wenig befahrenen Arme der Spree unterhalb des Mühlendammes in Berlin, längs der Burgstrafse, allsommerlich geschieht, schlimmsten Falles durch Baggern wird man sicher des Feindes Herr werden.

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Sollte nicht zuletzt die Landwirthschaft aus dem gefürchteten Wasserunkraut noch Nutzen ziehen, von demjenigen noch zu schweigen, welchen die Anhäufungen der Elodea als Nahrung für diesen oder jenen Wasservogel, als Schirm- und Aufenthaltsort des Fischlaichs und der Fischbrut, zweifelsohne gewähren? Sollte dieselbe nicht bald lernen, den massenhaft vorhandenen, leicht zu gewinnenden organischen Stoff, gleich den Charen mancher unserer Seen, als Düngungsmaterial zu verwerthen? Zu diesem Behufe, auf den wir die öffentliche Aufmerksamkeit ausdrücklich hinlenken, scheint sich die Elodea durch ihre schnelle Zersetzbarkeit bedingende zarte Textur, sowie durch die äusserst starke Kalkinkrustation, welche sie, der Luft ausgesetzt zeigt, a priori aufs Wirksamste zu empfehlen ').

1) Bevor diese Zeilen dem Druck übergeben werden, erfahren wir, dass eine

Noch schwimmt die Elodea, als ein Fremdling, namenlos in der Havel und in der Spree. Der Volksmund hat sich noch nicht aufgethan, ihr eine populäre Benennung beizulegen. Schreiber dieses protestirt aus allen Kräften gegen die abscheuliche Bezeichnung „ Wasserpest", welche von dem Pessimismus Einiger gegen das unschuldige, vor Kurzem noch salonfähige Gewächs geschleudert worden ist. Dasselbe würde zu sehr mit der frischen, nur allzugesunden Erscheinung eines netten Kräutleins sowohl, als auch mit der hellenischen Heiterkeit des für einen wissenschaftlichen Ausdruck auffallend anmuthigen Wortes Anacharis kontrastiren. Wird es zur Verschönerung unserer Seen beitragen, wenn wir sie künftig als an der Wasserpest" krankend, anzusehen haben? Selbst in dem in England gang und gäbe gewordenen Trivialnamen „Wasserthymian" (Waterthyme) müssten wir ja, falls der obengenannte durchdränge, nicht ohne Beschämung, eine unendlich freundlichere und naturwüchsigere Auffassung des neuen pflanzengeographischen Phänomens erblicken. Daher noch einmal: Keine Wasserpest! Ueberhaupt keine Oktroyirung deutscher Pflanzenin Betreff welcher wir nur Vorschläge für gestattet erachten. Die Gelehrten sündigen schon hinreichend und zwar Gott weiss, wie sehr mit Herzenslust, in der lateinischen Nomenklatur.

namen,

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Glücklicherweise lauscht das Volk seine Namen am liebsten der Natur selbst ab, statt sie sich zwischen den gedruckten Zeilen der Bücher zu suchen. Wollen wir aber nicht warten bis es gesprochen hat, so wäre vielleicht Schwilowkraut ein nicht unpassender Name für Elodea oder Anacharis. Er sei hiermit in Vorschlag gebracht, um durch seine schlichte Einfachheit die Erinnerung an einen der am frühesten gewählten Lieblingsplätze, an einen Hauptheerd der Verbreitung einer Pflanze festzuhalten, die in nicht allzuferner Zukunft sich über einen grofsen Theil der südbaltischen Ebene ausgedehnt haben wird.

Geschrieben zu Berlin am 15. December 1864.

Anwendung der Elodea als Düngungsmittel bereits stattfindet und dafs dieselbe zu diesem Zwecke bei Baumgartenbrück in ganzen Wagenladungen aus dem Wasser gezogen wird.

IX.

Guarmani's Reise nach dem Negd.

Ein Beitrag zur geographischen Kenntnifs Arabiens.

Von G. Rosen.

(Hierzu eine Karte, Taf. III.)

201

Jerusalem, den 28. November 1864.

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Die Halbinsel Arabiens, Ġeziret el Arab, wie ihre Bewohner sie nennen, ist, gleich dem nahen Africa, dessen climatische und Bodenverhältnisse sie in ihrem unwirthlichen Innern wiederholt, im Grossen und Ganzen noch immer eine Terra incognita geblieben. Sandwüsten und kahle Felsberge, beide gleich arm an Wasser und Vegetation, glühende Hitze im Sommer und kalte Stürme im Winter, keine erwähnenswerthe Production, keine Industrie, kein Handel, keine Aussicht auf Entdeckungen, die zu historisch wichtigen Aufschlüssen führen könnten, ja nicht einmal auf Lösung geographischer Räthsel, wie des Ursprungs eines für die Culturentwickelung der Menschheit wichtigen Stroms, keine Kunst, keine Alterthümer man darf sich nicht verwundern, wenn da sich nur selten Jemand bereit gefunden, für die Erforschung des Landes seine Haut tagtäglich zu Markte zu tragen. Noch grösser wird die Schwierigkeit durch die unabweislichen persönlichen Forderungen, welche sich an den Reisenden in Arabien stellen, sobald er durch die Kruste des Allbekannten zu dem Kern des Neuen zu dringen gedenkt. Aufser einer eisernen Constitution, einem gegen Frost und Hitze, gegen schlechte Kost und noch schlechteres Wasser, ja gegen Hunger und Durst, gegen mangelnden Schlaf, gegen die Anstrengung langer, durch keine Rast unterbrochener Dromedar-Ritte, für welche oft die Tagstunden nicht ausreichen, unempfindlichen Körper ist ihm noch eine Vertrautheit mit der Sprache, den Sitten und Bräuchen nöthig, welche ihn befähigt unter den Wüstenstämmen als ein Landeskind aufzutreten, und welche nur Jahre langer Verkehr mit Arabern zu Wege bringen kann. Wenn demnach die Kenntnifs des Landes bisher in hohem Grade lückenhaft bleiben musste, so ist auch für die Ausfüllung dieser Lücken in der nächsten Zukunft keine Hoffnung.

Unter solchen Umständen dürften die nachfolgenden Mittheilungen über den nördlichen Negd als eine willkommene Erweiterung der arabischen Erdkunde aufgenommen werden. Dieselben bilden einen Theil der Ergebnisse einer Reise, welche der hiesige kaiserl. französische Postdirector C. Guarmani aus Livorno, ein durch lange Erfahrung im

Umgange mit Arabern und Beduinen, sowie durch jede sonstige Begabung für ein solches Unternehmen besonders geeigneter Mann, in der ersten Hälfte d. Jahres, vornehmlich um edle Pferde zu kaufen, dann aber auch im wissenschaftlichen Interesse gemacht hat. Guarmani ist weder ein Naturforscher, noch ein Kenner der arabischen Schriftsprache, in diesen beiden Beziehungen ist daher nichts besonders Eingehendes von ihm zu erwarten; desto unermüdlicher und zuverlässiger aber ist er in seinen Angaben über die Richtung und die Beschaffenheit der zurückgelegten Strafsen, über die Statistik und die socialen Verhältnisse der besuchten Stämme, kurz in Allem, was ohne besonderes Fachstudium von einem gewandten und aufmerksamen Kopfe geleistet werden kann. Die von ihm nach seinen Aufzeichnungen verfafste Ausarbeitung von 67 eng geschriebenen Octavseiten hat er mir mit der Ermächtigung, beliebige Auszüge zu machen und zu veröffentlichen, bereitwilligst mitgetheilt, was ich um so dankbarer anerkenne, als er bis jetzt weder mit dem Wie noch Wo seiner eigenen Veröffentlichung im Reinen ist. Uebrigens beträgt meine nachstehende Mittheilung kaum die Hälfte des von ihm gebotenen Stoffs, so dafs sein Werk durch dieselbe keineswegs überflüssig gemacht wird. Dies letztere zeichnet sich, abgesehen von seinem Inhalte, durch eine besondere Klarheit aus; ich finde an ihm nur in Beziehung auf die gewählte Form eine Ausstellung, welche nicht diejenige einer Reisebeschreibung, sondern eines Compendiums für etwa später desselben Weges ziehende Reisende ist. Mögen die Beweggründe, welche den kühnen Reisenden veranlassten, mit seiner Person gegen die Resultate seiner Forschung völlig zurückzutreten, noch so ehrenvoll sein, so vermifst doch der Leser nur ungern die Frische des Berichts von Selbsterlebtem, mit welchem ihm zugleich die Möglichkeit gegeben sein würde, das Gesehene und Beobachtete von dem nur Erfragten und Gehörten zu unterscheiden. Die subjective Treue der Arbeit bezeugt sich aus sich selbst, aber der Stand der Wissenschaft ist noch nicht der Art, dafs die Mittel einer objectiven Critik entbehrt werden könnten. In einem Auszuge habe ich, soweit sich dies leicht aus dem Original ergab, die Erzählung des Erlebten herstellen zu müssen geglaubt, bemerke aber, dass dies letztere mit seiner vollkommenen Glaubwürdigkeit viel weiter reicht als dies einzeln angegeben. Die unter dem Einflusse der italiänischen Lautauffassung mangelhaft ausgefallene Schreibart der Eigennamen habe ich mich zu verbessern bestrebt, ohne mich gleichwohl eines vollständigen Erfolges rühmen zu können ').

1) Arabisches ģim, welches in Syrien und Centralarabien wie dsch, von den meisten Beduinen wie in Aegypten aber noch wie g ausgesprochen wird, ist durch g umschrieben.

Guarmani verliefs Jerusalem Ende Januar 1864 und begab sich den ersten Reisetag zu den Taamira Beni Saad, in deren Duar oder Zeltlager am Thale Umm el Akarîb, Stunde westlich von Mar Saba und Stunden NNW. von Kalâat el Merd, dem alten Kloster St. Martyrius, er übernachtete.

Die Taamira sollen von den Beni Hareth des Wadi Mûssa abstammen; ihr Gebiet erstreckt sich von Wadi en Nar nordwärts bis zum Wadi Deregeh südwärts und vom Todten Meer im O. bis an die Wadis Şâlih, Urtas und Gehar im W. Sie sind keine Beduinen, sondern nomadisirende Fellahs. Sie zerfallen in die drei Stämme der Saad, der Haggag und der Obajât, welche zusammen 1700 Flintenschützen, aber nur 10 Reiter stellen.

Der Stamm der Saad, der angesehenste und mächtigste von den dreien, lebt seit langer Zeit in einem Bündnifs mit den Beni Ḥamîdeh jenseit des Todten Meeres und hatte, den getroffenen Verabredungen gemäfs, Guarmani dorthin zu geleiten. Jedoch bedurfte die Escorte wiederum des Schutzes der Sanaḥireh el Wad, eines von den Fellahs des zerstörten Orts Beit Sâhûr el Tahta stammenden, den Taamira befreundeten Nomaden - Geschlechts, um über den Jordan und weiter an den Zerka Maîn zu gelangen, ohne von dem mächtigen Stamme der Aduân und den Bewohnern des westlichen Belka, den Kaabineh, den Baharat, den Hawazimeh und den Şalît, sämmtlich Verbündeten der Sanaḥireh, belästigt zu werden.

Der Jordan wurde Stunde oberhalb seiner Einmündung in das Todte Meer an der Stelle el Kenu durchschwommen und von da in 2 Stunden el Guweir erreicht, wo übernachtet werden sollte. Da es aber trotz der doppelten Escorte dort nicht sicher genug schien, SO ging man Stunde weiter zu der Quelle Menschela, verweilte indessen auch dort nur kurze Zeit und brach dann wieder auf. In 4 St. 10 Min. gelangte man, den Wadi Ḥamara quer durchschneidend, nach Zarka Main, wo man das gehoffte Zeltlager der Beni Ḥamîdeh antraf. Die Escorte der Taamira und Sanaḥira war nunmehr überflüssig und wurde mit den von Jerusalem gemietheten Pferden zurückgesandt.

Die Beni Hamideh sind vom peträischen Arabien allmählig gegen die Gebirge von Kerak vorgedrungen, haben sich sodann im Lande Kura, seit einigen Jahren aber auch im Belka festgesetzt, von wo sie die Baharat und Hawazimeh nach Norden verdrängten. Sie ziehen hauptsächlich zwischen dem Mogeb in S. und dem Zerka in N. zwischen dem Todten Meere in W. und den Ebenen der Sakr in O. umher und sind, wie die Taamira, nomadisirende Fellahs. Sie versahen Guarmani mit frischen Pferden und einer Escorte zu den mit ihnen verbündeten Beni Sakr oder Skur.

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